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Abschied der Dirks. Bundestrainer Bauermann bedankt sich bei Nowitzki. Foto: dapd

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Sport: Schön war die Zeit

Nach dem EM-Aus steht der deutsche Basketball ohne Dirk Nowitzki und Bundestrainer Bauermann vor einer ungewissen Zukunft

Dirk Nowitzki sprach nüchtern und mit fester Stimme über die Niederlage, lobte den starken Gegner und den Kampfgeist seiner Mitspieler. Dann wurde dem 33-Jährigen klar, dass gerade mehr zu Ende gegangen war als nur ein spannendes Spiel bei einer EM-Zwischenrunde. „Es war eine Riesenzeit“, sagte Nowitzki sichtlich berührt und meinte damit die 141 Basketball-Länderspiele, die er seit 1997 absolviert hat. Mit dem 75:84 am Sonntagabend gegen Litauen in Vilnius ist diese Riesenzeit, die Zeit eines Riesen, Geschichte. Die Frage ist nun, ob nach vielen Erfolgen wieder eine Zwergenzeit für den deutschen Basketball anbricht.

Nowitzki hat seinen Rücktritt zwar nicht offiziell verkündet und auch eine Rückkehr ins Nationalteam nie ausgeschlossen, so bald dürfte er für Deutschland aber nicht spielen – zu anstrengend sind die langen Saisons für die Dallas Mavericks in der NBA. Mit Nowitzki zieht sich wohl auch der eingebürgerte Chris Kaman zurück, der Einsätze für das Land seiner Urgroßeltern immer an seinen NBA-Kollegen geknüpft hat. Nach fast acht Jahren braucht der Deutsche Basketball-Bund (DBB) auch einen neuen Bundestrainer, Dirk Bauermann darf nach den Statuten der Bundesliga nur noch den FC Bayern München betreuen. Auch dem sonst so aufgeräumten Nationalcoach war nach dem EM-Aus anzumerken, wie sehr ihn der Abschied von seiner Aufgabe und seinen Spielern berührte. „Wir haben uns als eine der großen Basketballnationen etabliert, wir haben hoch veranlagte junge Spieler, die zuletzt große Schritte in Richtung europäisches Topniveau gemacht haben“, sagte der 53-Jährige. Zuletzt erreichten deutsche Jugend-Auswahlteams bei Europameisterschaften gute Platzierungen, die U 18 wurde EM-Achter, der fünfte Platz der U 20 bedeutete sogar das beste deutsche Ergebnis seit der 1978er-Generation um Nowitzki. „Es werden jetzt Jahr für Jahr zwei, drei Jungs an die Tür der Nationalmannschaft klopfen“, glaubt Bauermann. „Es wird Druck im System bleiben, alle müssen hart arbeiten.“

Der Verband um Präsident Ingo Weiss muss nun entscheiden, welche Richtung er mit der Wahl von Bauermanns Nachfolgers einschlägt. „Wir machen das ganz in Ruhe, wir haben keinen Zeitdruck“, sagt Weiss. Die nächsten Länderspiele stehen erst im kommenden Sommer an, wenn sich die Mannschaft für die EM 2013 in Slowenien qualifizieren muss, den neuen Bundestrainer will Weiss „um den Jahreswechsel herum“ präsentieren. Tatsächlich scheint man sich beim DBB bislang aber noch sehr wenige Gedanken um die Trainerfrage gemacht zu haben. „Es kann jemand aus Deutschland sein, es kann jemand aus dem DBB sein, es kann jemand aus der NBA sein, es kann jemand aus Australien sein, es kann jemand aus Europa sein“, sagt Ingo Weiss und erwähnt auch U-20-Bundestrainer Frank Menz und U-18-Bundestrainer Kay Blümel. „Es kann auch ein Hansi Gnad sein, es kann auch ein Stephan Baeck sein“, sagt Weiss. Die beiden als Trainer unerfahrenen Ex-Nationalspieler hatten Bauermann als Kotrainer in der EM-Vorbereitung unterstützt.

Viele andere Nationen setzen auf ausländische Spitzentrainer, die wie David Blatt, russischer Nationaltrainer und Vereinscoach bei Maccabi Tel Aviv, bei großen Turnieren glänzen, dafür aber mit den Strukturen der Verbände wenig zu tun haben. Weiss will nun auch Bauermann um Rat fragen, er sei jemand, der „für uns im Hintergrund hier und da arbeiten kann“. Möglich scheint eine Beratertätigkeit inklusive späterer Rückkehr als Nationaltrainer, wenn die Bundesliga die Doppelfunktion erlaubt oder Bauermann sein Engagement in München beendet. „Das war sicher nicht das letzte Mal, dass ich für die Nationalmannschaft verantwortlich war“, kündigte Bauermann bereits an.

Deutschland bewirbt sich gemeinsam mit Frankreich, Kroatien und Italien um die Ausrichtung der EM 2015, das Mammut-Turnier in vier Ländern und die dabei mögliche Olympia-Qualifikation sind das nächste große Ziel für den DBB. Dirk Nowitzki wäre dann 37, vielleicht reizt ihn ein Abschiedsturnier mit der in Berlin geplanten deutschen Vorrundengruppe noch einmal. „Mein Bauch sagt mir, dass Dirk noch mal zurückkommt, dass er den Adler noch mal auf der Brust tragen wird“, sagte Bauermann. Nowitzki erklärte vieldeutig: „Ich werde dem deutschen Basketball auf jeden Fall erhalten bleiben. In welcher Funktion auch immer.“

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