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Schwimm-WM: Theloke vor Abschied

Nach seinem beispiellosen Rausschmiss bei der Schwimm-WM in Montréal denkt der Wahl-Berliner Stev Theloke über einen Wechsel ins Ausland nach: "Es hat schon Gespräche gegeben. Wenn ich den Leistungssport fortsetzen will, kann ich das nicht mehr hier machen".

Montréal/Hamburg (22.07.2005, 14:35 Uhr) - Und: «Ich bin für das Schwimmen geeignet, ich habe Talent und ich weiß, dass ich Weltrekordzeit schwimmen kann.» Er sei müde und trotzdem zufrieden. «Ich fühle mich zum ersten Mal frei. Ich bin aus der Mühle raus und habe keinen Maulkorb mehr vom Verband.»

Einen Tag zuvor hatte ihm Cheftrainer Ralf Beckmann in Montréal mitgeteilt, dass er wegen Verleumdung und verbandsschädigenden Verhaltens vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) suspendiert worden sei: «Das hier ist eine DSV-Maßnahme, Theo. Tut mir Leid, aber du gehörst nicht mehr dazu», hatte Beckmann zu ihm gesagt. Mit seiner harschen Kritik an dem Cheftrainer in einem Interview mit der «Sport- Bild» hatte sich der 27-Jährige selbst ins Abseits gestellt und steht nun möglicherweise vor den Trümmern seiner Karriere.

Theloke hatte mit Konsequenzen nach dem Artikel gerechnet. Deshalb hatte er schon vor dem Erscheinen Kontakte zu anderen Verbänden. «Jetzt muss ich mich anderweitig orientieren. Im Moment denke ich schon, dass ich noch eine gute sportliche Zukunft habe - aber nicht in Deutschland», hatte der in Berlin lebende Chemnitzer noch vor seinem Abflug aus Kanada gesagt.

Neben der Suspendierung aus dem WM-Team flog er auch aus dem B- Kader und verliert den Status als Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Ein Leben als normal Dienst tuender Soldat in irgendeiner Kompanie kommt für den Olympia-Dritten von Sydney und 17-maligen deutschen Meister aber nicht in Frage, weil dies neben dem Leistungssport nicht möglich ist. Den Rausschmiss aus der WM- Mannschaft könne er verstehen, «weil sonst zu viel Unruhe in das Team gekommen wäre». Die anderen Strafen seien aber zu hart. Darüber werde er sich mit seinem Anwalt beraten.

Theloke steht weiter zu seinen Äußerungen und betonte noch einmal, dass er «Herrn Beckmann nicht als Person, sondern nur aus sportlicher Sicht kritisiert» habe. «Ich will etwas bewegen und ein Zeichen setzen», meinte Theloke, der eine Laufbahn als Funktionär nach dem Karriereende nicht ausschließt. «Wir haben uns nicht im Krieg getrennt», sagte er über sein Verhältnis zu Beckmann.

Bei einer gemeinsamen Motorrad-Tour mit dem von ihm kritisierten Chefcoach im September will er ein «Gespräch unter Männern» führen. Auch den Zeitpunkt des Interviews verteidigte Theloke: «Nach der WM hätte es bei einem mäßigen Ergebnis womöglich geheißen, dass ich nur aus Frust gehandelt hätte».

Bei seinen ehemaligen Mitschwimmern stießen Thelokes Äußerungen auf völliges Unverständnis. Sein Kumpel Thomas Rupprath nannte es «verbandsschädigend», Aktivensprecherin Anne Poleska erklärte ihn für «teamunfähig». Mark Warnecke sagte, es sei «komplett falsch» gewesen, was der in Berlin lebende und trainierende Theloke gemacht habe. Rupprath sagte noch vor Thelokes Zwangsheimflug: «Es ist entschieden, und so ist es gut.» Die Vorgehensweise seines Rücken-Rivalen sei eine «totale Dummheit» gewesen. Theloke konterte: «Es ist erstaunlich, wie viele Schwimmer positiv reagiert haben.» Ob diese Schwimmer auch im WM-Team stehen, wollte er aus Rücksicht nicht sagen.

Am Wochenende will Theloke in Chemnitz mit seiner Lebensgefährtin und deren Tochter bei seinen Eltern «Fünfe gerade sein lassen». Und darüber nachdenken, wie es weitergeht. «Fünf Jahre kann ich noch Leistungssport betreiben.» Er wird sich auch die TV-Übertragungen von der WM anschauen und mit seinen ehemaligen Teamkollegen mitfiebern. «Dass ich bei der WM nicht mehr dabei bin, ist die härteste Strafe.» (tso)

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