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Bald-Präsident, Kanzlerin, Noch-Präsident. Theo Zwanziger (r.) und sein Kollege Wolfgang Niersbach nehmen Angela Merkel gern in ihre Mitte. Foto: dpa

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Sport: Sein letztes Heimspiel

Bevor Theo Zwanziger als Präsident aufhört, vergibt er einen Preis und wird von der Kanzlerin gelobt.

Berlin - Angela Merkel muss noch schnell Griechenland retten, und das kann dauern. Theo Zwanziger erträgt es mit präsidialer Gelassenheit, obwohl er früh angereist ist und jetzt schon seit einer Stunde im Foyer des Hotel Intercontinental sitzt. Drinnen im Saal werden bei Swing und Currywurst die Kandidaten für den Integrationspreis des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) begrüßt, aber dafür ist jetzt keine Zeit. Alte Funktionärskollegen wollen unterhalten werden, und für Theo Zwanziger werden die Gelegenheiten rar, als Präsident des DFB Hof zu halten. Saal und Integrationspreis können warten, bis die Kanzlerin kommt.

Am 2. März wird ein Außerordentlicher Bundestag in Frankfurt am Main den bisherigen Generalsekretär Wolfgang Niersbach zum neuen Präsidenten wählen. Sein Büro in der DFB-Zentrale in der Otto-Fleck-Schneise hat Zwanziger schon geräumt. Bei der letzten Präsidiumssitzung Ende Januar ließ er nach Verlesung des Protokolls Champagner kommen, stieß mit den Kollegen an und verabschiedete sich vorzeitig mit Verweis auf eine Unpässlichkeit seiner Frau.

Mitarbeiter argwöhnen, der Chef sei ein wenig beleidigt, weil ihm eine Fortführung der Amtsgeschäfte bis Oktober unter Mitnahme der prestigeträchtigen Europameisterschaft verweigert worden war. Als am 22. Dezember in Frankfurt die Präsidenten der Regional- und Landesverbände beim DFB zusammenkamen, stimmten von 21 Anwesenden nur vier für diese von Zwanziger favorisierte Lösung. Bei einer Mitarbeiterversammlung verabschiedete er sich mit salbungsvollen Worten: Er gehe als glücklicher Mensch und sei stolz darauf, als DFB-Präsident zwei Weltmeisterschaften in Deutschland erlebt zu haben, seine Mission sei erfüllt.

Um sieben nach zwei ist Griechenland zwar noch nicht gerettet, aber die Kanzlerin endlich da. Seite an Seite mit Zwanziger marschiert sie in den Saal. Auf der Leinwand läuft ein Filmchen mit Kopftüchern, Fußball und Mercedesstern. Integration halt. Zwanziger geht aufs Podium. Der mit 150 000 Euro dotierte Integrationspreis ist eines seiner Lieblingskinder, denn er „setzt ein starkes Zeichen dafür, dass sich unsere Gesellschaft verändert, dass Deutschland nicht nur älter wird, sondern auch vielfältiger“. Bei der letzten Verleihung im März 2011, nicht ganz so repräsentativ in Mönchengladbach, war Zwanziger leider verhindert. Aber Berlin geht immer.

Vor zwei Wochen erst ist der Termin fixiert worden, und beim DFB hat nicht jeder Verständnis für den großen Rahmen. Gewiss, der Integrationspreis sei eine prima Sache und Zwanzigers Verdienst daran nicht kleinzureden. Aber müsse die Verleihung denn umfunktioniert werden zur Aussegnungsmesse des Präsidenten? Für Zwanziger ist die Berliner Gala der letzte große Auftritt, bevor er am 29. Februar offiziell verabschiedet wird, beim Länderspiel in Bremen gegen Frankreich. Bisher ist der Preis immer im Frühjahr verliehen worden, meist im Vorfeld eines Länderspiels. Im Frühjahr aber wird Zwanziger nicht mehr DFB-Präsident sein. Und da die Kanzlerin die Regierungsgeschäfte nicht für einen Ausflug nach Bremen ruhen lassen mag, muss Zwanziger eben nach Berlin kommen. Und mit ihm der Integrationspreis.

Um sein Verhältnis zur Kanzlerin ist es nicht mehr so gut bestellt, seitdem diese im Oktober 2010 nach dem Länderspiel in Berlin gegen die Türkei spontan die deutsche Kabine besucht und dort in einer Art privatem Integrationsgipfel den halbnackten Mesut Özil geherzt hatte. Im offiziellen Protokoll hatte Zwanziger ein festes Plätzchen für sich auf einem Erinnerungsfoto gebucht. Als er aber in der Kabine auftauchte, war Frau Merkel schon im Aufbruch. Ein wütender Präsident ließ später über seine bestens gepflegten Kontakte zum Haus Axel Springer streuen, die Bundeskanzlerin habe sich persönlich bei ihm entschuldigt, und natürlich habe er diese Entschuldigung angenommen. Worauf Frau Merkel über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert in der Bundespressekonferenz ausrichten ließ, es gebe „nichts, wofür sie sich hätte entschuldigen müssen“.

Im Intercontinental erwähnt Frau Merkel auffallend oft den „lieben Herrn Zwanziger“. Sie hält eine nette Rede mit besonderem Verweis darauf, dass „Fußball verbindet, und es spielt keine Rolle, aus welchem Land die Eltern der Spieler kommen“. Dann erwähnt sie die üblichen Verdächtigen, „Özil, Boateng, Khedira, Podolski“, aber die werden heute nicht geehrt. Die Preise gehen an den VfL Fontana Finthen, die Grundschule Pastorenweg Bremen und die Deutsche Soccer Liga. Wohlwollender Beifall, aber die Kanzlerin schaut schon auf die Uhr. Griechenland wartet. Um drei marschiert Merkel mit ihren Bodyguards aus dem Saal. Als galanter Gastgeber geleitet Theo Zwanziger sie noch zur Limousine und kehrt dann noch einmal zurück in den Saal.

Ist schließlich seine Party.

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