zum Hauptinhalt
Was haben die nur gegen uns? Blatter und Platini bangen vor den Ermittlern.

© AFP

Fifa-Korruptionsskandal: Sepp Blatter und Michel Platini mitten im Tsunami

Fifa-Präsident Joseph Blatter und Uefa-Chef Michel Platini bleiben trotz des jüngsten Skandals im Amt – doch wohl nicht mehr lange. Ein Ende deutet sich an.

Am Freitagabend brannte immer noch Licht im Büro von Joseph Blatter. Leicht vornübergebeugt stand der Fifa-Präsident in der Züricher Zentrale des Fußball-Weltverbandes hinter seinem Schreibtisch, aber nach langen Beratungen mit seinen Anwälten noch aufrecht.

Obwohl wenige Stunden zuvor die Schweizer Staatsanwaltschaft verkündet hatte, dass sie ein Strafverfahren gegen Blatter eröffnet hat. Veruntreuung lautet der Vorwurf. Eine Fifa-Pressekonferenz wurde kurzfristig abgesagt, weitere Konsequenzen blieben zunächst aus. Auch für Michel Platini. Dabei soll der Uefa-Chef und Fifa-Präsidentschaftskandidat zwei Millionen Franken von Blatter kassiert haben. Doch Rücktritte oder Suspendierungen? Fehlanzeige. Im Tsunami harren die Beschuldigten aus und wiegeln ab, wie oft bei Fifa-Skandalen. Blatter und Fifa-Vize Platini sind immer noch im Amt. Sie leiten ja das siebenköpfige Notfall-Komitee, das einzige Gremium, das sie sofort entlassen könnte. Doch deutet sich ihr Ende nun an.

Die Blamage wäre groß gewesen

Unklar ist dabei, wie viel beide noch von der Schweizer Justiz zu befürchten haben. Die hatte bisher immer recht harmlos gewirkt, gerade im Vergleich zu den parallel ermittelnden US-Behörden. Die Amerikaner ließen Ende Mai Funktionäre in einem Zürcher Hotel verhaften, die Schweizer Kollegen verteidigten dagegen oft die Fifa. Die sei ja der Geschädigte, das Verfahren laufe doch gegen Unbekannt. Aus Unbekannt wurde am Freitag Joseph Blatter.

Die Staatsanwälte waren dabei geplant und öffentlichkeitswirksam vorgegangen. Sie hatten die Sitzung des Exekutivkomitees abgewartet, hatten dann Blatter befragt, sein Büro sowie weitere Räume durchsucht und gleich die Medien informiert. Offenbar wollten sich die Schweizer nicht mehr vorhalten lassen, zu zimperlich und zögerlich mit einem Fall umzugehen. Doch womöglich handelten sie vorschnell. Denn um Blatter zu verhaften, dafür reichte die Beweislage offenbar nicht. Die Blamage wäre zu groß gewesen, hätte ein Haftrichter Blatter nach 24 Stunden wieder freigelassen. Der Fifa-Präsident soll Fernsehrechte für zwei WM-Turniere zum Freundschaftspreis von etwa knapp 600 000 US-Dollar an den Karibik-Verband verkauft haben. Offenbar unter fünf Prozent des Marktwertes: Blatters Kumpane und Stimmenbeschaffer Jack Warner verdiente mit dem Weiterverkauf angeblich bis zu 20 Millionen Dollar. Nun müssen die Ermittler Blatter nachweisen, dass er die Fifa mit diesem Deal geschädigt hat und es keine Nebenvereinbarungen gab, die den niedrigen Preis rechtfertigen.

Wird Platini selbst zum Beschuldigten?

Bei Platini sind noch mehr Fragen zu klären: Wofür erhielt er 2011 über Fifa-Konten zwei Millionen Franken von Blatter? Wirklich für Dienste, die er Blatter zwischen 1999 und 2002 leistete, wie Platini behauptet? Welche Dienste? Warum wartete er dann neun Jahre lang klaglos auf sein Geld? Oder ließ sich der Uefa-Chef damit schmieren, um Blatter bei seiner Wiederwahl 2011 Stimmen zu verschaffen? Platini, bisher nur Auskunftsperson, könnte selbst zum Beschuldigten werden.

Spätestens dann wäre der Franzose nicht mehr zu halten. Weder als Chef des europäisches Verbandes noch als Kandidat bei der Fifa-Präsidentenwahl. Bisher galt er als Favorit, den scheidenden Blatter im Februar 2016 zu beerben. Nun könnten beide schon vorher aus dem Verkehr gezogen werden. Dass die Uefa ihren Chef Platini sperrt, ist unwahrscheinlich. Doch die Fifa hat die Unterlagen von der Staatsanwaltschaft bereits erhalten und am Wochenende an ihre Ethikkommission weitergeleitet. Das unabhängige Gremium könnte schneller Fakten schaffen als die Justiz, Blatter und Platini für alle Fußballaktivitäten sperren. Schon in wenigen Tagen könnte es soweit sein, ist zu hören. Im Februar könnte sich dann Prinz Ali bin-al Hussein freuen, falls er als einziger nicht gesperrter Kandidat kampflos siegt.

Doch wer führt die Fifa bis dahin? Laut Rangfolge müsste Fifa-Vize Issa Hayatou Blatter vertreten. Der Kameruner hat einen fragwürdigen Ruf – und ein schweres Nierenleiden, ist zu hören. Mit seinem Gerät zur Blutwäsche reist der 69-Jährige nur beschwerlich. So lässt sich kein Weltverband führen. Mit Platini fiele ein weiterer Stellvertreter weg. Sollte der Tsunami ihn und Blatter erfassen, stünden Fifa und Uefa, die größten Fußballverbände der Welt, kopflos da. Kein Licht würde mehr im Büro brennen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false