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Sport: Sie können auch anders

Diese Männer werden an den kommenden 17 Spieltagen alle überraschen – unsere Hauptdarsteller der Rückrunde

FC Bayern München

Mehmet Scholl

In dieser Saison wird Mehmet Scholl einfallen, dass er doch nicht als Teeniestar in die Fußballgeschichte eingehen will, sondern als genialer Spielmacher. Mit seinen 34 Jahren wird er also noch schnell das nachholen, was ihm in den vergangenen Jahren durch Verletzungen, schlechte Launen und böse Trainer alles entgangen ist. „Ich sehe mich als Spieler auf einer Position, die es gar nicht gibt“, hat Scholl einmal gesagt. In dieser Rückrunde wird er sie erfinden, die halbhängende, rechtslinksgestaltende Superspitze. Er wird das schaffen, was nur ganz große Künstler können: Vom Flügel aus ein philharmonisches Orchester dirigieren. teu

FC Schalke 04

Ailton

Der Brasilianer wird am Ende der Rückrunde ein neues deutsches Wort in seinen Sprachschatz aufgenommen haben. Statt „Werderbremen“ wird er „Schalkenullvier“ sagen, wenn er die Meisterschaft feiert, und das hört sich dann fast genauso an wie im vergangenen Jahr: „Champagner, Wasser, Bier Brasilian, muss heute alles, alles, Mannschaft sehr, sehr gut gespielen, sehr gute Saison, alle gratulieren, Schalkenullvier dieses Jahr, diese Saison musste Deutsche Meister, war 100 Prozent, warum Mannschaft die beste Mannschaft im Platz, sehr gut spielt das Deutsche Meister, ist vorbei, vorbei, ich muss nach Brasilia, no, warte, vergessen Pokal, muss gewinnen Pokal und dann Brasilia, vorbei.“ ide

VfB Stuttgart

Timo Hildebrand

Nach wochenlangem Rätselraten verkündet Timo Hildebrand Anfang April, bei welchem Verein er in der nächsten Saison unter Vertrag stehen wird. Der Torhüter des VfB Stuttgart wechselt zu Bayern München, wo inzwischen sein ehemaliger Trainer Felix Magath arbeitet und Hildebrand Nachfolger von Oliver Kahn werden soll. Weil Kahn aber noch einen Vertrag bei den Bayern besitzt und von seinem Verein im Kampf um seinen Stammplatz in der Nationalmannschaft unterstützt wird, soll Hildebrand zunächst für eine Saison an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen werden. Der Torhüter verspricht sich davon Vorteile im Hinblick auf die WM 2006. „Das ist eine gute Lösung“, sagt er. „In Nürnberg werde ich genügend Gelegenheiten bekommen, um mich auszuzeichnen.“ sth

VfL Wolfsburg

Kevin Hofland

Mit dem Geld, das der VfL vor der Saison für den Holländer an den PSV Eindhoven überwiesen hat, ist zugleich eine Versicherung verbunden: für weniger Gegentore. Nach dem Minusrekord zuvor mit 61 Treffern in 34 Spielen, ist die Viererkette mit Hofland zu einem Bollwerk geworden. Es gibt nicht viele Spieler, die sich rühmen können, ihn ausgespielt zu haben. Und wenn es für ihn doch einmal brenzlig wird, dann nutzt er eben die weniger feinen Mittel. Leider ein bisschen zu oft, und das wird zu einem Problem für die Wolfsburger. Wegen der acht Gelben Karten, die Hofland in den 17 Spielen der Hinrunde bekam, muss der 25-Jährige in der Rückrunde oftmals Vorsicht walten lassen. Weil er nur noch mit sauberen Tacklings kämpft, verpasst Wolfsburg den Europapokal – qualifiziert sich aber nachträglich über die Fair-Play-Wertung für den Uefa-Cup. heit

SV Werder Bremen

Johan Micoud

Der Franzose ist am Ende der Saison der einzige Stammspieler von Werder Bremen, der nicht zum FC Schalke 04 wechselt. Nach Frank Rost, Ailton und Mladen Krstajic in den vergangenen Jahren sowie Fabian Ernst in der Hinrunde nehmen auch Miroslav Klose, Ivan Klasnic, Tim Borowski, Frank Baumann, Paul Stalteri, Frank Fahrenhorst, Valerien Ismael, Christian Schulz und Andreas Reinke das großzügige Angebot von Manager Rudi Assauer an und spielen in der kommenden Saison in Gelsenkirchen. Auch Kotrainer Kalli Kamp folgt seinen Spielern – „ablösefrei“, wie Assauer betont. Die Vermutung, die Wechsel hätten etwas mit der gelegentlichen Übellaunigkeit des französischen Mittelfeldspielers Micoud zu tun, weist die Bremer Vereinsführung zurück. hude

Hertha BSC

Fredi Bobic und

Artur Wichniarek

Anderthalb Jahre ist es her, dass Hertha BSC eines der gefährlichsten Sturmpaare der Bundesligageschichte engagiert hat. Unter dem Kampfnamen „Der 26-Tore- Sturm“ haben Fredi Bobic und Artur Wichniarek seitdem Angst und Schrecken verbreitet, leider meistens unter den eigenen Fans. In dieser Rückrunde werden die beiden Angreifer und ihr Entdecker, Herthas Manager Dieter Hoeneß, doch noch rehabilitiert. Die 26 Tore, die Hertha zusammen mit Bobic und Wichniarek eingekauft hat, beziehen sich nämlich nicht auf eine einzige Saison, sondern auf die komplette Vertragslaufzeit. Zehn haben Bobic und Wichniarek schon, fehlen nur noch sechzehn, für jeden acht. Das wird in der Rückrunde doch zu schaffen sein. Zumindest, wenn man die Trainingsspiele mitzählt. sth

Hannover 96

Ewald Lienen

Ein trockener Typ wie Ewald Lienen passt ausgezeichnet ins knochentrockene Hannover. Als kürzlich der Fernsehkomödiant und „96“-Fan Oliver Pocher Lienen als Gast in seiner Sendung auf Pro Sieben haben wollte, winkte der Trainer ab: „Denn ich kenne ihre Sendung, Herr Pocher.“ Lienen versteht keinen Spaß, und damit hat er in Hannover Spaß. Die Hannoveraner erleben ihre beste Saison seit Jahrzehnten. Und sie haben sogar den Vertrag mit ihrem Trainer bis 2007 verlängert. „Wäre ja auch dumm, wenn nicht“, sagt Lienen. Aber ganz so selbstverständlich war das auch wieder nicht. Denn Lienen hat sich bei seinen Arbeitgebern nie lange halten können und wurde vorzeitig wieder entlassen. Diesmal ist alles anders. Vielleicht erlebt Lienen gerade die schönste Saison seiner Trainerkarriere. cv

Bayer Leverkusen

Rudi Völler

Dass Rudi Völler ein guter Mensch ist, ist inzwischen hinreichend bekannt. Deshalb hat er nun nach nicht einmal einem halben Jahr seine Selbstfindungsphase schon wieder beendet, um fortan seiner sportlichen Heimat Bayer Leverkusen als Sportdirektor dienen zu können. Deshalb auch wird er im April, nach Bayers Sturz auf Platz zehn und nach langem Betteln der Vereinsführung, die Stelle des gerade entlassenen Trainers Klaus Augenthaler übernehmen. Bayer Leverkusen gewinnt daraufhin alle verbleibenden Spiele, klettert noch auf Tabellenplatz drei und qualifiziert sich für die Champions League. Rudi Völler tritt anschließend zurück und verspricht, er werde fortan nie wieder als Trainer arbeiten. Zumindest so lange nicht, bis er wieder einmal dringend um Hilfe angebettelt wird. sth

Hamburger SV

Daniel van Buyten

Anfangs hat Daniel van Buyten ein paar Unsicherheiten gezeigt. Doch der Belgier hat sich schnell gefangen. Jetzt kittet der 26-Jährige die Löcher in der Abwehr des HSV, von seinem Vorgänger Nico-Jan Hoogma redet in Hamburg keiner mehr. Van Buyten hat auch davon profitiert, dass ihn der im Verlauf der Hinrunde hinzugekaufte Khalid Boulahrouz in der Innenverteidigung tatkräftig unterstützt. Was den HSV glücklich stimmen kann: Van Buyten wird noch besser. Allein schon deshalb, weil das Verständnis zwischen ihm und Boulahrouz weiter wachsen wird. Van Buyten könnte mit seiner Kopfballstärke und Zerstörungskraft zur überragenden Größe im HSV-Team werden. Nur für den HSV bahnt sich möglicherweise eine böse Überraschung an. Van Buyten hat erst kürzlich in einem Interview verraten, dass er gern einmal in England spielen würde. Ein russischer Ölmilliardär namens Roman Abramowitsch, der nebenbei den Londoner Fußballklub FC Chelsea besitzt, soll bereits einen Wochenendausflug nach Hamburg geplant haben. kad

Arminia Bielefeld

Roberto Pinto

Roberto Pinto ist ein kleiner Übertreiber. Auf seiner Homepage gibt er vor, 1,70 Meter groß zu sein, obwohl er in Wirklichkeit 1,69 Meter ist. Warum macht einer das? Und wieso will Bielefeld so einen haben? Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Pinto für Arminia nicht ein Tor erzielen. Durchschnittlich braucht er dafür 21,5 Spiele, aber diese Saison hat nur noch 17 Spieltage. Deswegen stellt Arminia Bielefeld einen Eilantrag auf Verlängerung der Saison – damit Roberto Pinto am 39. Spieltag mit einem wunderschönen Fallrückzieher den Uefa-Cup-Platz sichern kann. miro

1. FSV Mainz 05

Zeljko Buvac

Es muss einmal klargestellt werden, dass der Vater des Erfolgs beim 1. FSV Mainz 05 nicht Jürgen Klopp heißt. Es ist Zeljko Buvac. Nach außen hin tut der 43 Jahre alte Bosnier so, als sei er nur der Hütchenaufsteller, aber er ist ganz offiziell Cheftrainer der Mainzer. Denn er hat die erforderliche Trainerlizenz, Klopp dagegen nicht. Während Klopp gerade jede Woche zwei Tage dafür lernt, diese Lizenz ebenfalls zu bekommen, arbeitet Buvac in aller Ruhe mit der Mannschaft und bringt ihr seine Vorstellung vom modernen Fußball bei. So wird das noch bis zum Mai gehen, dann hat Klopp seine Abschlussprüfung. Gerade beim Saisonfinale also wird Klopp sehr viel studieren müssen, weil er sicher einen guten Notenschnitt haben will. Das kann nur heißen: Das Schicksal von Mainz liegt in den Händen von Zeljko Buvac. teu

1. FC Nürnberg

Robert Vittek

Spiele gegen den 1. FC Nürnberg werden demnächst nach folgendem Schema ablaufen: Der Club greift an, vier bis fünf Verteidiger bewachen Marek Mintal. Keiner achtet auf Robert Vittek, und, zack!, ist er drin, der Ball. So wird das ein Weilchen funktionieren, so lange, bis die Konkurrenz verstanden hat, dass der 1. FC Nürnberg da vorn nicht nur einen, sondern zwei torgefährliche Slowaken hat. Die Hinrunde war geprägt von Mintal, der mit 13 Treffern an der Spitze der Torjägerliste steht. Jetzt kommt die große Zeit von Vittek, der bislang drei Tore erzielt hat. War ja kein Zufall, dass der Mann schon vor sieben Jahren, mit 16, ein Angebot von Real Madrid hatte. Damit Robert Vittek nun nicht auf dumme Gedanken kommt und nach einer grandiosen Rückrunde mit einiger Verspätung nach Spanien geht, haben sie ihm in Nürnberg vorsichtshalber einen Vertrag bis 2009 gegeben. gol

1. FC Kaiserslautern

Tim Wiese

Tim Wiese ist zurzeit noch verletzt, aber Tim Wiese ist ehrgeizig. Spätestens im März wird er wieder ins Training einsteigen, spätestens im April wieder spielen können. Können, aber nicht dürfen. Der 1. FC Kaiserslautern hat nämlich zwei Torhüter, Jürgen Macho und Thomas Ernst, die dem Verein auch in der nächsten Saison treu bleiben. Anders als Wiese. Der wollte seinen Vertrag nicht verlängern und wird nun den Rest der Saison auf der Tribüne verbringen. Das ist ärgerlich für jemanden, der sich immer noch für einen der besten deutschen Torhüter hält. Wie gut er wirklich ist, wird er im Sommer erfahren, wenn er sich die Liste der Vereine anschaut, die an seiner Verpflichtung interessiert sind: Borussia Mönchengladbach, der VfL Bochum, der Karlsruher SC, der 1. FC Saarbrücken… sth

Borussia Dortmund

Lars Ricken

Mit Lars Ricken kann es in dieser Rückrunde nur noch bergauf gehen. Einst war er der große Shooting-Star der Borussen – auf dem Höhepunkt der Karriere schoss er 1997 das legendäre Tor zum 3:1-Endstand im Champions-League-Finale gegen Juventus Turin. Dann kam nicht mehr viel. Bei der WM 2002 war Ricken der einzige Nationalspieler, der kein einziges Mal auf den Platz durfte. Die meisten glauben, dass der 28-Jährige seinen gut dotierten Vertrag mit dem BVB bis 2006 absitzen will, hat er doch gerade erst ein Angebot der Glasgow Rangers ausgeschlagen. In Wirklichkeit will Ricken seiner Heimatstadt einen letzten Dienst erweisen: Mit seiner einzigen Ballberührung der Rückrunde schießt er das entscheidende Tor gegen den Abstieg. Und die 19 Millionen Euro, die der 1. FC Köln danach als Ablösesumme für ihn bezahlt, verhindern Borussias Lizenzentzug. Das Westfalenstadion wird daraufhin in Lars-Ricken-Arena umbenannt. oom

Borussia Mönchengladbach

Jörg Böhme

Wenn Jörg Böhme noch ein paar Jahre jünger wäre, würde er sich wohl vor allem mit einer einzigen Frage beschäftigen: Wann muss ich in meinem Wohnort Bielefeld losfahren, um 200 Kilometer weiter westlich, in Mönchengladbach, pünktlich um neun Uhr zum Training zu erscheinen? Aber Jörg Böhme wird morgen 31 Jahre alt, und da darf man zu Recht eine gewisse Altersweisheit von ihm erwarten. Also führt der einstige Hallodri nun ein vorbildliches Fußballerleben. Aus Gründen der Selbstdisziplinierung ist er in Mönchengladbach sogar ins selbe Hotel gezogen, in dem auch sein Trainer Dick Advocaat logiert. Im April beschließen beide dann, ein Doppelzimmer zu belegen. Weil es billiger ist.sth

VfL Bochum

Raymond Kalla

Im vorigen Jahr galt Raymond Kalla noch als Garant für den Aufschwung beim VfL. Der Kameruner, Routinier und erfahrener Nationalspieler, war der Stabilisator der Bochumer Abwehr – zumindest hat man das bisher so angenommen. Die Rückrunde jedoch wird dazu führen, dass weite Teile der Bochumer Erfolgsgeschichte umgeschrieben werden müssen. Kallas Anteil nämlich. Bisher hieß es immer, nur an seiner Seite und dank seiner Erfahrung habe sich Frank Fahrenhorst zum erstklassigen Abwehrspieler entwickeln können. Seit Anfang der Saison spielt Fahrenhorst bei Werder Bremen, und seitdem verwirrt Kalla die Kenner mit unerklärlichen Fehlern. Erst jetzt und mit jedem weiteren Schnitzer wird deutlich: Nicht Fahrenhorst hat von Kalla profitiert, sondern Kalla von Fahrenhorst. sth

FC Hansa Rostock

Martin Max

Martin Max ist der einzige arbeitslose Fußballprofi, der einen gültigen Vertrag besitzt – nämlich beim FC Hansa bis Sommer 2005. Das wird dem erfolgreichsten deutschen Stürmer der vorigen Saison ein derart schlechtes Gewissen bereiten, dass er wieder für den FC Hansa stürmen wird – trotz seiner 36 Jahre und der maladen Knochen, die er als Grund für seinen Verzicht vorschob. Um die Klasse zu halten, brauchen die Rostocker neun Siege. In der vergangenen Saison erzielte Max 20 Treffer für Hansa. Die halbe Anzahl an Toren sollten für die zweiten Saisonhälfte langen – für zehn Rostocker 1:0-Siege. miro

SC Freiburg

Achim Stocker

Niemals, nein, wirklich auf gar keinen Fall werde er sich von Trainer Volker Finke trennen, sagt Achim Stocker. Der Präsident des SC Freiburg will notfalls mit Finke in die Zweite Liga absteigen und dann sofort wieder zurückkehren. Den sofortigen Wiederaufstieg hat Finke schließlich schon zweimal geschafft. So erscheint die Verbindung zwischen Finke und dem SC Freiburg als eines der letzten gültigen Gesetze im Fußball weltweit. Doch Stocker hat die Trennung längst vorweggenommen. „Ich fürchte, Finke ist es irgendwann leid, dass ihm ständig ans Bein gepinkelt wird und geht wirklich von sich aus“, hat Stocker gesagt. Raffiniert. Das wird er einfach so lange wiederholen, bis es auch Finke glaubt und aufhört. Stocker hat zwar gesagt, er sehe keinen besseren Trainer in der Liga, aber genau das ist der Punkt. Der Präsident wird einen weltläufigen Franzosen über die Grenze nach Freiburg locken. Der passt sowieso besser in die Studentenstadt als ein verbitterter Alt-Linker. teu

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