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Der Meister und sein Lehrling. Bill Belichick (rechts) genießt mit Tom Brady den Moment des Triumphes.

© AFP

Sieg im Super Bowl: Wie Bill Belichick die Dominanz der New England Patriots orchestriert

Mit dem Sieg der New England Patriots im Super Bowl gegen die Los Angeles Rams ist Bill Belichick der erfolgreichste Trainer im American Football.

Allein dieser Gesichtsausdruck, er war einfach unbezahlbar. In den Vereinigten Staaten gehört es zum guten Ton, dass Trainer unmittelbar vor Spielbeginn eine Frage beantworten, selbst vor solch großen Spielen wie dem Super Bowl. Im Turbo-Interview sagen sie dann im Regelfall ein paar nette Belanglosigkeiten, lächeln kurz - und das war's.

Die Sache mit dem belanglosen Zeug meisterte Bill Belichick in der Nacht zu Montag (deutscher Zeit) locker. "Wir müssen unseren Job machen", sagte der Trainer der New England Patriots gewohnt nichtssagend. Darüber hinaus hielt er sich allerdings nicht ans Protokoll, im Gegenteil: Belichick schaute den Reporter regelrecht angewidert an. Als hätte er keine anderen Sorgen wenige Sekunden vor dem Kick-off! Wenn es noch eines Beweises bedurfte, welch mürrischer, verbissener, knorriger Vertreter seiner Zunft Belichick ist, lieferte er ihn in diesem Moment höchstselbst.

Für die Experten gilt Belichick als größter Trainer aller Zeiten

Vier Stunden später gab sich der 66-Jährige beinahe erschreckend gelöst und entspannt. War das wirklich Belichick? Bei der Siegerehrung im Football-Stadion von Atlanta stand er auf dem Podium und hielt seine Enkelin auf dem Arm, blau-weiß-rotes Konfetti regnete auf die beiden hinab - und Belichick lächelte, man könnte fast sagen: er strahlte. "Das ist riesiger Erfolg", sagte er nach dem 13:3-Sieg seines Teams bei der 53. Auflage des Super Bowls gegen die Los Angeles Rams. "Wir hatten unsere Höhen und Tiefen in diesem Jahr", ergänzte er. "Aber im größten Moment, als wir unseren besten Football spielen mussten, haben wir genau das getan."

Belichick hat den Eintrag, der ihm in den Geschichtsbüchern der US-amerikanischen National Football League (NFL) längst sicher ist, damit um ein zusätzliches Kapitel erweitert: der Sieg in diesem NFL-Endspiel war bereits sein sechster Meistertitel als Cheftrainer, er ist damit alleiniger Rekordhalter in dieser Kategorie. "Keine Frage: Belichick ist der größte Coach der Football-Geschichte", sagte Deion Sanders, zu aktiven Zeiten ein schillernder Defensivspieler und mittlerweile als Experte für das US-Fernsehen tätig. Andere NFL-Legenden äußerten sich ähnlich.

Der Super Bowl 2019 zeigte vor allem, wie wandlungsfähig der Mann aus Nashville im US-Bundesstaat Tennessee im fortgeschrittenen Alter geblieben ist. "Das war ein weiteres taktisches Meisterstück von ihm", sagte Patriots-Besitzer Robert Kraft, der Belichick vor nunmehr 19 Jahren unter Vertrag nahm und den damaligen Assistenztrainer zum Chefcoach beförderte. Im Offensiv-Zeitalter der NFL zeigte sein Team American Football wie aus einem anderen Jahrzehnt.

Für Belichick war der Super Bowl 2019 das 425. Spiel als Cheftrainer

Zuvor hatte im Verlauf der Saison kein Team zielführende Lösungen gegen die herausragende Angriffsreihe der Los Angeles Rams gefunden; im Durchschnitt erzielte die Mannschaft des jungen, innovativen und gefeierten Cheftrainers Sean McVay knapp 33 Punkte pro Partie. New England ließ gegen die Rams nur ganze drei Punkte zu. Dass Star-Quarterback Tom Brady einen gebrauchten Tag erwischte und bei seiner neunten Super-Bowl-Teilnahme erstmals ohne Touchdown-Pass blieb, fiel angesichts dieser Tatsache nicht weiter ins Gewicht. Am Ende triumphierte Erfahrung über Jugendlichkeit: Für Belichick war der Super Bowl 2019 das 425. Spiel als Cheftrainer. Für McVay, mit 33 Jahren exakt halb so alt wie sein Gegenüber, war es erst das 35. Spiel als Hauptverantwortlicher.

"Bill Belichick und Tom Brady sind die großen Konstanten unserer Franchise", sagte Robert Kraft anerkennend. "Viele Leute verstehen nicht, was es braucht, um auf diesem Niveau konstant solche Leistungen zu zeigen", betonte der Team-Besitzer, "sie arbeiten sieben Tage die Woche - 18 Stunden am Tag." In den sieben Monaten zwischen dem Start des Trainingslagers im Sommer und dem Endspiel am ersten Februar-Wochenende haben Football-Trainer im Grunde kein Privatleben; alles dreht sich um das seltsam geformte Leder-Ei. Gerade bei solch Erfolgsbesessenen wie Bill Belichick.

McVay hatte vor dem Super Bowl einen interessanten Satz zum Thema Belastung von sich gegeben: "Die Arbeit als Trainer ist toll, wirklich. Aber ich muss herausfinden, wie ich eine bessere Life-Work-Balance hinbekomme. Es kann nicht gesund sein, diesen Job für eine lange Zeit zu machen." Belichick kann darüber vermutlich nur milde lächeln: Er ist seit 1975 im Geschäft.

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