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Enttäuscht. Clemens Wickler (l.) und Julius Thole gewinnen "nur" WM-Silber.

© Christian Charisius/dpa

Silber bei der Beachvolleyball-WM: Tholes und Wicklers unglaublicher Erfolg

Julius Thole und Clemens Wickler verpassen den ersten WM-Titel der deutschen Männer seit zehn Jahren knapp. Und sind trotzdem in aller Munde.

Der Andrang war riesig im Stadion am Rothenbaum. Alle wollten rein und sich einen Platz sichern, schließlich mussten Hunderte abgewiesen werden. Die Tennisarena, die für die Weltmeisterschaften der Beachvolleyballer zum Sandkasten umfunktioniert wurde, war bis auf den letzten Platz gefüllt, alle wollen in diesen Tagen Julius Thole und Clemens Wickler sehen.

Hamburger Bürger wissen zu berichten, dass die beiden derzeit das Stadtgespräch sind. Die erste Frage beim Bäcker lautet: "Hast Du Thole/Wickler gesehen?" Diese beiden jungen Männer begeisterten die Fans, wann auch immer sie aufliefen, waren die Ränge bis auf den letzten Platz gefüllt. 12 000 Zuschauer verbreiteten eine faszinierende Atmosphäre, weil die beiden jungen Deutschen Leistungen in den Sand zauberten, die so nicht erwartet worden waren.

Beim finalen Akt blieb es Thole/Wickler dann aber verwehrt, das ganz große Ding aus dem Sand zu baggern. Die Russen Wjatscheslaw Krasilnikow und Oleg Stojanowski gewannen am Sonntagnachmittag das Endspiel mit 2:1 (19:21, 21:17, 15:11), weil es den Deutschen nach dem Gewinn des ersten Satzes nicht gelang, ihr Spiel weiter mit Überzeugung und Konstanz durchzuziehen. Doch auch Silber ist ein unglaublicher Erfolg für ein Duo, das vor WM-Beginn niemand auf der Rechnung hatte.

Nach dem Matchball war René Hecht, der Präsident des Deutschen Volleyball- Verbands (DVV) der Erste, der die Unterlegenen tröstete. Danach bedankten sich Thole und Wickler bei den Fans für die nie nachlassende Unterstützung: „Was ihr hier in den letzten zehn Tagen für uns veranstaltet habt, ist der Wahnsinn, ohne Euch hätten wir es nie so weit geschafft.“

Thole und Wickler machen Passion zum Beruf

Die Konkurrenz konnte noch so hochkarätig sein, die beiden jungen Deutschen fanden mit ihrer Athletik, ihrem taktischen Vermögen und ihrer ausgeprägten Spielintelligenz bis kurz vor Schluss immer die richtigen Lösungen.Der 22 Jahre alte Thole und der zwei Jahre ältere Wickler sind zwei Athleten, die ihre Passion zum Beruf gemacht haben und den Beachvolleyball nicht nur mit ihren sportlichen Darbietungen hervorragend repräsentieren. Beide haben einen Einser-Abitur-Schnitt, Thole studiert nebenher noch Jura, Wickler BWL. Sie sind in der Lage, über ihre Leidenschaft erfrischend natürlich, eloquent und verbindlich zu plaudern. Zwei solch unverbrauchte Sportler sind ideal, um Begeisterung und Identifikation zu transportieren.

Nicht nur Olympiasieger Julius Brink, der die WM als Experte für das Fernsehen begleitet, findet es „überaus überraschend, wie schnell beiden auf dieses Niveau gekommen sind“. Für den DVV kann das nur gut sein. Nach dem enttäuschend zeitigen Ausscheiden der übrigen neun deutschen Vertreter, die der Verband ins Titelrennen geschickt hatte, drohten die Weltmeisterschaften zu einer tristen Veranstaltung zu werden. Doch dann traten Thole und Wickler auf. „Sie haben diese WM getragen“, sagt Brink, der es als wichtig einstuft, „dass da jemand ist, hinter den du dich als Fan stellen kannst“.

Diese Rolle hatte Brink selbst jahrelang gemeinsam mit seinem Partner Jonas Reckermann übernommen, ihnen war mit Laura Ludwig und Kira Walkenhorst ein weiteres deutsches Duo gefolgt, das mit außergewöhnlichen Erfolgen glänzte. Nun scheinen Thole/Wickler bereit zu sein, das fortzusetzen. Auch wenn der Zeitpunkt überaus früh kommt, ist es generell kein Zufall, dass die Kombination des 2,06 Meter langen Blockspezialisten Thole und des hochveranlagten Abwehrspielers Wickler in der Weltspitze gelandet ist.

Dieses Team wurde auf dem Reißbrett entworfen. Im Herbst 2017 verfügte der DVV, dass Wickler und Thole eine Zwangsehe eingehen müssen. Dabei war Wickler, der als größtes Talent im deutschen Beachvolleyball gehandelt wurde, gerade mit Tim Holler Deutscher Meister geworden. Doch die Perspektive mit Thole erschien den Chefstrategen erfolgversprechender. Und siehe da: Sie haben mit ihrer Einschätzung Recht behalten.

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