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Sport: Slowenien - Spanien: Der Zwergenstaat verkauft sich auch beim 1:2 gegen den Turnierfavoriten glänzend

Zur Rehabilitation für die verpatzte Premiere gegen Norwegen hatte der spanische Coach seinen Leuten eine ziemlich schwierige Aufgabe gestellt: Elf kleine Camachos wolle er sehen, verlangte Camacho Senior vor dem Spiel gegen Slowenien. Das gewann der Favorit des EM-Turniers zwar mit 2:1, doch die Trainer-Anweisung wurde ignoriert.

Zur Rehabilitation für die verpatzte Premiere gegen Norwegen hatte der spanische Coach seinen Leuten eine ziemlich schwierige Aufgabe gestellt: Elf kleine Camachos wolle er sehen, verlangte Camacho Senior vor dem Spiel gegen Slowenien. Das gewann der Favorit des EM-Turniers zwar mit 2:1, doch die Trainer-Anweisung wurde ignoriert. Fußballspieler weder klonen und schon gar nicht in eine andere Generation zurückbeamen. Zudem existieren aus jener Zeit, in welcher sich noch kein Bäuchlein über Señor Camachos Gürtel wölbte, zwei grundeverschiedene Versionen vom wohl berühmtesten Außenverteidiger Spaniens: mal Weltklasse und einer der ersten modernen Abwehrspieler, an schlechten Tagen aber konnte Camacho auch hinterhältig und furchtbar brutal treten.

Die vernünftigste Lösung für Camachos Vorstellung hat der populärste Fußballer aus der Gegenwart der Primera Division gefunden. Und Raul brauchte dafür nur vier Minuten. Dann tat das junge Volksidol das, was er am besten kann. Raul spielte ganz einfach Raul, und jagte einen Abpraller aus fast 20 Metern unhaltbar ins Netz. Mit nur einem kleinen bisschen Glück hatte sich der ewige Wunderknabe von Real Madrid schon vorm Halbzeitpfiff an die Spitze der Torschützen-Liste dieses Turniers setzen können. Und auch danach sorgte die Nummer zehn fast immer für Alarm, sobald er im slowenischen Strafraum auftauchte.

Logisch, möchte man sagen, wo doch Reals Supermann mehr verdient als das 22-köpfige EM-Kader aus dem Zwergenstaat zusammen. Doch wie schon beim Treff mit den reichen jugoslawischen Brüdern (3:3) setzten die Davids vom Balkan noch einmal die finanziellen Gesetze des europäischen Marktes außer Kraft. Sie schafften etwas, woran wohl nur die 6000 Menschen mit grüngefärbten Haaren, die in Bussen aus Maribor, Ljubljana und halb Europa in die Amsterdam-Arena angereist waren, geglaubt hatten: dass ihre Landsleute die Spanier nicht nur ärgern, sondern echt ängstigen würden.

Wer hätte anfangs gedacht, dass beim Schlusspfiff all die bekannten Herrschaften aus der Finalrunde der Champions League die Arme hochreißen würden vor lauter Erleichterung? Es hatte zwar gleich zwei slowenische Sportskameraden gebraucht zum Ausgleichstreffer, im Übereifer hatten Zahovic und Pavlovic einander gegenseitig angeschossen - Hauptsache der abgefälschte Ball trudelte irgendwie über die Torlinie. Und wahrscheinlich lässt es sich der mangelnden internationalen Erfahrung der Sportskameraden in Grün-Weiß anlasten, dass nur 60 Sekunden später Etxeberria unbehelligt den Ball ins slowenische Tor wuchten konnte.

Weil Canizares, der neue Keeper im Kasten der Iberer, sich keinen Flop erlaubte wie Vorgänger Molina, kann sich der Mitfavorit wieder gehobenere Hoffnungen machen. Den Slowenen aber gehörte der Applaus. Und immerhin. Sie haben genauso viel Punkte wie Deutschland, auch die Tabellensituation ist ähnlich. Allerdings haben die Vertreter des kleinen Völkchens hundertmal mehr Symphatien gewonnen als die Mannschaft der ehemaligen Fußball-Großmacht.

Martin Hägele

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