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Taktikgeplänkel am Grün. Mark Williams gewann das German Masters.

© dapd

Snooker in Berlin: Die Stille vor dem Stoß

In einem spannenden Taktikgeplänkel gewann Mark Williams am Sonntag das Berliner Snooker-Masters gegen Mark Selby. Die 2500 Zuschauer verharrten geduldig bis nach Mitternacht im Tempodrom.

Ziel beim Snooker ist es, Kugeln mit einem Queue in Löcher zu stoßen. Und wer das nicht schafft, beherrscht das Spiel nicht, sollte man meinen. Als am Sonntagabend aber die Snookerprofis Mark Williams und Mark Selby im Berliner Tempodrom gegeneinander antraten, passierte genau das: Im neunten Frame, wie die Sätze im Snooker heißen, spielten sie über 20 Minuten ohne auch nur eine einzige Kugeln einzulochen. Das lag allerdings weniger an ihrer Unfähigkeit, als an ihrer taktischen Raffinesse. Im Finale der German Masters ging es um ein Preisgeld von 50 000 Euro und wichtige Ranglistenpunkte. Beide Spieler hatten Angst, einen Fehler zu machen, der den Gegner zu leichte Chancen eröffnen könnte. Also platzierten sie die weiße Kugel so, dass es dem Anderen unmöglich war, eine Kugel einzulochen.

Für ein Spiel, das nicht selten als reiner Kneipensport verschrien wird, war das, was Williams und Selby zeigten, sehr komplex. Von einem netten Kneipenabend aber war das internationale Ranglistenturnier auch weit entfernt. Fast 2500 Zuschauer saßen im Tempodrom. „Das ist absoluter Zuschauerrekord bei einem Snookerspiel“, sagte Rolf Kalb, der die fünftägigen German Masters moderierte und die Fernsehübertragung auf Eurosport kommentierte. Und es ist erstaunlich, wie diszipliniert sich eine solche Menschenmenge verhalten kann. Es dauerte bis nach Mitternacht, bis der Waliser Williams das Duell mit 9:7 gewonnen hatte. Fünf Mal hatten sie sich in eine so ausweglose Spielsituation manövriert, dass der Schiedsrichter die Kugeln wieder in die Ausgangsformation sortierte und das Frame von vorn begann. Selbst beim Profi-Snooker kommt das nur sehr selten vor.

Das Publikum buhte die taktischen Spielereien der Profis aber nicht etwa aus, sondern folgte dem Duell über sechs Stunden wie es die Snooker-Etikette verlangt. Konzentrierte sich einer der Spieler auf den nächsten Zug, so herrschte Stille. Jedes noch so kleine Hüsteln und sogar das Klicken von Fotoapparaten war zu hören. Nach einem guten Stoß dann unterbrachen die Fans die angespannte Ruhe. Wie per Knopfdruck klatschten sie, vereinzelt riefen sie sogar „Come on Mark“ – wodurch sich ja beide Spieler angespornt fühlen durften. „Sie waren fantastisch“, lobte Mark Williams, der mit seinem Sieg auf den zweiten Platz der Weltrangliste vorgerückt ist.

Ob eines der sieben wichtigen Turniere der Snooker Main Tour auch im nächsten Jahr nach Berlin kommt, steht noch nicht fest. Das Publikum aber hätte es nach diesem Abend verdient.

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