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Sport: „Sonst wär’s ja einfach“

Heute vor 15 Jahren wurde Deutschland in Rom Weltmeister – Andreas Brehme über seinen Elfmeter

Herr Brehme, heute vor 15 Jahren machten Sie Deutschland mit Ihrem Elfmeter zum Weltmeister. Die ganze Welt hat Ihnen dabei zugeschaut. Wie hält man dieser Anspannung in so einem Moment stand?

Die Anspannung war schon groß. Trotzdem war ich mir relativ sicher. Klar, hundertprozentig sicher kann man nie sein, sonst wär’s ja einfach und jeder könnte schießen. Das Problem war nur, dass ich unheimlich lange warten musste, ehe ich den Elfmeter ausführen konnte. Die Argentinier haben immer wieder den Ball weggeschlagen und mit dem Schiedsrichter diskutiert. Das hat so sieben, acht Minuten gedauert. Das war das Schlimmste.

Sie kannten einige Argentinier aus der italienischen Liga. Haben die versucht, Sie zu verunsichern?

Klar. Die haben gesagt, du schießt vorbei, oder, der hält ihn sowieso. Und der Goycochea ist ja auch ein ganz hervorragender Torwart, der hat nicht umsonst so viele Elfmeter gehalten.

Als der mexikanische Schiedsrichter Codesal Mendez auf Elfmeter entschied, war Ihnen sofort klar, dass Sie schießen würden?

Wir hatten drei Schützen. Lothar Matthäus, Rudi Völler und mich. Der Rudi war der Gefoulte, der Lothar wollte nicht, und einer musste ja schießen.

Sind Sie zu Lothar Matthäus gegangen und haben zu ihm gesagt: Du oder ich?

Nein, da war nur Blickkontakt. Er ist weggegangen, und ich bin nach vorne gegangen – damit war die Sache klar.

Der Elfmeter war drin, Deutschland war Weltmeister, das ist alles bekannt. Was aber passierte, als keine Kamera mehr dabei war?

Nach den Ehrenrunden ging es in die Kabine. Der Pokal stand in der Mitte, und wir haben gesungen und geschunkelt. Es gab Bier und Champagner. Bis wir aus dem Stadion raus waren, hat es noch zwei Stunden gedauert. Dann sind wir mit Polizeieskorte zum Hotel gefahren. Da war es dann zwei Uhr nachts. Und da ging es dann natürlich weiter bis morgens.

Wissen Sie noch, wie und wann Sie ins Bett gekommen sind?

Also, wie ich ins Bett gekommen bin, weiß ich ganz genau. Das war so um sieben oder acht. Und um elf ging ja schon unser Flieger nach Frankfurt, zum Römer.

Dort haben Sie sich ins Goldene Buch der Stadt Frankfurt eingetragen. Jürgen Kohler sagte, kaum ein Spieler habe noch seinen Namen schreiben können.

Das stimmt. Wir hatten ja nicht geschlafen und viel getrunken. Das ging schon am Flughafen in Rom los: Da gab es Champagner. Im Flugzeug war’s nicht anders: Einige haben geschlafen, einige haben getrunken. Dann ging es weiter zur Feier am Römer. Und danach hatte Franz Beckenbauer noch ein Essen organisiert. Da sind wir dann auch noch hin.

Uwe Bein soll bei den Feierlichkeiten im Hotel in den Pool gefallen sein.

Tatsächlich? Davon weiß ich nichts.

In welchem Bett hat der Pokal übernachtet?

In meinem nicht, das weiß ich. Wahrscheinlich hat den einer vom Sicherheitsdienst mitgenommen. So einen Pokal lässt man nicht einfach irgendwo liegen.

Haben Sie sich vom Finale ein Souvenir mitgenommen?

Das Trikot habe ich noch, das liegt bei mir zu Hause in einer Kiste. Die Schuhe stehen heute im Adidas-Museum.

Sie haben mit Bundestrainer Jürgen Klinsmann den Trainerschein gemacht. Was ist seine Stärke in diesem Job?

Seine Lockerheit. Die überträgt sich auf das Spielfeld, wie bei Rudi Völler 2002. Aber man hätte vielleicht das Torwart-Problem anders lösen können. Sonst macht er alles richtig.

Auch, dass er in Amerika wohnt?

Klar wäre es besser, er wäre hier und könnte die ganzen Spiele sehen. Aber in Amerika kann er die Spiele im TV sehen. Er hat sich eben so entschieden, und der DFB hat zugestimmt.

Seit zwei Wochen sind Sie unter Giovanni Trapattoni Kotrainer beim VfB Stuttgart. Wie lautet Ihr Saisonziel?

Ein Giovanni Trapattoni ist nicht gekommen, um Siebter oder Achter zu werden. Der ist ein Erfolgsgarant.

Das Ziel lautet also, ins internationale Geschäft zu kommen?

Auf alle Fälle, tausendprozentig.

Das Gespräch führte Jan Janssen.

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