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Sport: Sprecher gegen Sprecher

Beim 1. FC Union wird zurzeit viel genörgelt und gemeckert

Von Karsten Doneck

Berlin. Irgendwann in der vorigen Woche mischte sich auch noch André Rolle ein. Im Internet legte er los. Auf der Homepage des 1. FC Union schimpfte er in einem Abwasch gleich über Personalpolitik und Prämienstreit, über das Innenleben der Mannschaft und das Elend in der Stadionfrage. Das wiederum ließ Lars Töffling nicht ruhen. Unions Pressesprecher stellte eine ausführliche Erwiderung ins Internet, riet André Rolle zur Mäßigung, zumal der ja auch als Stadionsprecher bei Union auf der Gehaltsliste stehe. Fortan diskutierten die Fans gewohnt heftig, gewohnt leidenschaftlich mit. Und der Fußball-Zweitligist 1. FC Union hatte den nächsten Streitpunkt in einer an Dissonanzen ohnehin nicht armen Saisonvorbereitung.

Die Kontroverse zwischen Stadionsprecher und Pressesprecher – sie ist eigentlich eine Lappalie, passt aber ins derzeitige Bild bei Union. Da wird viel genörgelt, noch mehr gemault, niemand ist richtig zufrieden. Boulevardzeitungen riefen schon die Krise beim 1. FC Union aus, was zumindest Heiner Bertram, den Präsidenten, in Rage bringt. „Das ist doch mehr eine Krise bei gewissen Zeitungen als eine Krise bei Union“, sagt er.

Dabei musste der Präsident erst kürzlich persönlich eingreifen und mäßigend auf den Trainer einwirken. Georgi Wassilew hatte allzu deutlich kundgetan, was er von den vier Neuen Backhaus, Sandmann, El Akchaoui und Molata hält, nämlich nicht viel. „Keiner von denen ist besser als die Spieler, die wir haben“, hat Wassilew gesagt und bekräftigte diese Aussage nach dem 0:3 am Sonnabend gegen Hansa Rostock noch einmal. „Das ist sicher eine unglückliche Äußerung“, meint Bertram. „Er kann diese Spieler doch nicht öffentlich als qualitativ nicht ausreichend hinstellen. Außerdem hat er sich die Leute doch selbst ausgesucht.“

Verstärkungen, die keine sind – das ist nur ein aktuelles Übel bei Union. Auch sonst läuft manches verkehrt. Erst lief Stürmer Ferdinand Chifon aus dem Trainingslager in Schneverdingen davon, dann dehnte sich die zwingend notwendige Suche nach einem neuen Stürmer wie ein Elastikband, an dem an beiden Enden kräftig gezogen wird. Und weil Unterhachings Stefan Lexa nicht wollte, wurde schnell Salif Keita geholt. Ein Stürmer aus zweiter Hand? „Keitas Verpflichtung war keine Notlösung“, wehrt sich Bertram, „seine Verpflichtung war ja schon vom Finanziellen her ein größerer Kraftakt, als wenn wir jetzt einen relativ Unbekannten holen.“ Womit auch geklärt ist, dass Keita bei Union zu den Besserverdienenden zählt. Birgt das neuen Konfliktstoff?

Wenig Freude löste unter den Union-Profis auch Bertrams Ankündigung aus, die Punktprämien zu kürzen – um satte 50 Prozent. Kapitän Steffen Menze problematisierte in einem Interview mutig, ja beinahe ketzerisch die Frage, ob solche Maßnahmen nicht kontraproduktiv wirken würden, was die Motivation einzelner Spieler angeht.

Union leidet derzeit unter vielen Aufgeregtheiten. „Vielleicht“, so mutmaßt ein Fan im Internet, „wird es einfach nur Zeit, dass die Saison losgeht.“ Mag sein. Vielleicht setzt sich bei Union aber auch langsam die Erkenntnis durch, dass es für den ohnehin erst langfristig angepeilten Sprung in die Erste Liga noch an vielem fehlt. An geeignetem Spielerpersonal zum Beispiel, oder an einem bundesliga-tauglichen Stadion. Rührt eventuell daher der überbordende Verdruss?

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