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Sport: Spuren im Sand

Hartmut Moheit über den Einstein der Formel 1 Albert Einstein war klug und wusste das. Gemäß Selbsteinschätzung gab es außer ihm auf der Welt gerade drei Menschen, die seine Relativitätstheorie gedanklich nachvollziehen konnten.

Hartmut Moheit über den

Einstein der Formel 1

Albert Einstein war klug und wusste das. Gemäß Selbsteinschätzung gab es außer ihm auf der Welt gerade drei Menschen, die seine Relativitätstheorie gedanklich nachvollziehen konnten. Einsteins Asche war nach seinem Tod einst in alle Winde verstreut worden. Ist es möglich, dass ein Körnchen davon über den Atlantik bis nach Europa gelangt ist – von Princeton bis nach Manchester, direkt in die Wiege von Ross Brawn?

Theoretisch schon, denn Brawn war bei Einsteins Tod fünf Monate alt. Warum sonst wird der Technische Direktor bei Ferrari in der Formel 1 sonst Einstein genannt? Andere Parallelen sind schwer auszumachen. Brawn trägt eine Brille, das in Ulm geborene Genie trug sie nicht; Brawn trägt das Haupthaar kurz, der Vater der Relativitätstheorie war berühmt für seine wallenden Locken. Immerhin arbeitete der Brite Brawn einmal fünf Jahre lang in einem Atomforschungszentrum. Aber deswegen gleich Einstein? Na ja.

Am Sonntag hatte der Einstein der Formel 1 einen seltsamen Auftritt. Sein Freund und Schützling Michael Schumacher war beim Großen Preis von Europa von Juan Pablo Montoya überholt worden und blieb nach diesem Manöver auch noch im Sand stecken. Michael Schumacher, der fünfmalige Weltmeister, den man nach Aussage seines Bruders Ralf eigentlich nicht überholen kann. Oder nicht darf? Wie auch immer, Montoya fuhr einfach so vorbei. Für Ross Brawn war das ein Unding, eine unfaire Aktion, eine Respektlosigkeit, die bestraft werden müsse. Verstanden haben ihn, und hier sind wir wieder bei Albert Einstein, nur drei Personen: Brawn, Brawn und Brawn.

Selbst Michael Schumacher, eher ein großer Sieger als ein fairer Verlierer, mochte sich der Version seines Mentors nicht anschließen und sprach Montoya von allen Vorwürfen frei. Die Rennkommissare hielten sich ebenso zurück wie Ferraris Teamchef Jean Todt. Aber Todt wird ja auch Napoleon genannt. Und der war bekanntlich ein großer Feldherr, der auf taktisches Geschick mehr Wert legte als auf Visionen. Ansonsten haben Brawn und Todt vieles gemeinsam. Die großen Erfolge in den zurückliegenden Jahren mit Michael Schumacher haben bei ihnen nur etwas den Sinn für die Realität getrübt. Das Bild von einem Michael Schumacher, der nicht nur düpiert wird, sondern auch noch auf Rang fünf landet, hat in ihrer Vorstellungswelt keinen Platz.

Wenn Brawn denn wie Einstein ticken würde, müsste er es eigentlich besser wissen. „Wer es in kleinen Dingen mit der Wahrheit nicht ernst nimmt, dem kann man auch in großen Dingen nicht vertrauen.“ Das ist ein Zitat des echten Einstein. Wo mag seine Asche bloß gelandet sein?

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