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Sport: Star aus dem Nichts

Wie Süreyya Ayhan in der Türkei zur Nationalheldin wurde

Von Jörg Wenig

Berlin. Sie sorgte für die größte Überraschung der Leichtathletik-Europameisterschaft von München. Seit dem 11. August, seit ihrem Sieg über 1500 m, ist Süreyya Ayhan ein Star, der erste in der türkischen Leichtathletik. Daheim wurde sie nach ihrem Sieg in München über 1500 m wie eine Nationalheldin gefeiert. Heute geht sie beim Istaf im Jahn-Stadion über dieselbe Distanz an den Start – und feiert ihren 24. Geburtstag. Und natürlich wurde sie auch verpflichtet, um möglichst viele Türken ins Stadion zu locken.

Der Türkei bescherte sie die erste Goldmedaille bei einer Leichtathletik-Europameisterschaft. Die einzige Medaille, die das Land bei den bisherigen Auflagen dieser seit 1934 stattfindenden Titelkämpfe überhaupt gewonnen hatte, war eine im Dreisprung. 1950 war der Türke Ruhi Sarialp Dritter in dieser Disziplin. „Man kann mir die ganze Welt anbieten – ich würde lieber diese eine Goldmedaille nehmen“, sagte eine überglückliche Süreyya Ayhan, die anschließend in ihrer Heimat von einem Empfang zum nächsten eilte und auch im Fernsehen ständig präsent war.

So blieb keine Zeit für den Start beim Meeting in Zürich und zu einer Europameisterschafts-Revanche gegen die EM-Zweite Gabriela Szabo. Die wird es auch heute Abend im Jahn-Stadion nicht geben. Denn die Rumänin, eine der seit vielen Jahren dominierenden Läuferinnen, hat wegen Formschwäche ihre Startzusage zurückgezogen. Sie hatte für die 5000 m und die 1500 m gemeldet, wollte sich kurzfristig entscheiden.

Die EM-Überraschung durch Ayhan wird noch größer, wenn man ihre Karriere verfolgt: Die Türkin war ihr letztes Rennen vor München vor gut einem Jahr gelaufen. Das war beim WM-Finale, und sie wurde damals Achte über 1500 m, acht Sekunden hinter der Siegerin Gabriela Szabo. Nicht nur die war verblüfft über den Leistungssprung von Süreyya Ayhan, die zudem ohne jegliche Wettkampfpraxis zur EM gereist war.

„Nach der WM hatte ich mich verletzt und habe ein halbes Jahr lang nicht trainiert. Dann habe ich mich sechs Monate lang nur auf die EM vorbereitet und bin kein Rennen mehr gelaufen, weil ich Angst hatte, mich erneut zu verletzen“, sagte die Sportstudentin. Deswegen sei sie in der ersten Hälfte der Saison nicht aufgetaucht. Und zu ihrer Leistungssteigerung sagt Süreyya Ayhan, die seit zehn Jahren in einem türkischen Höhentrainingslager in Erzurum lebt: „Meine Trainingsbedingungen haben sich in den letzten vier Jahren extrem verbessert.“

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