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STEILPASS Inland: Schwalben in der Grauzone Stefan Hermanns über Betrug

als legitimes Mittel im Fußball

In Krimis taucht gelegentlich das Phänomen auf, dass den leitenden Ermittler plötzlich so ein dumpfes Gefühl beschleicht, irgendetwas stimmt hier nicht. So ähnlich ist es mir nach dem letzten Spiel von Hertha BSC im vergangenen Jahr gegangen. Natürlich habe ich verstanden, dass die Berliner sich nach dem 1:1 in Augsburg irgendwie verschaukelt fühlten – und trotzdem: Irgendwas stimmte da nicht. Bis es mir dann eingefallen ist. Hertha fühlte sich vom Schiedsrichter betrogen. Das war der Fehler.

Ich gebe zu, dass Peter Gagelmann daran mit seiner etwas wirren Spielleitung nicht ganz unschuldig war. Aber seine vier Platzverweise wären kaum der Rede wert gewesen, hätte er nicht den Elfmeter gepfiffen, der zum 1:1 für Augsburg führte. Einen Elfmeter, den Torsten Oehrl sich mit einer Schwalbe erschummelt hatte. Das ist schon bemerkenswert: Da gibt es einen zweifelsfrei überführten Betrüger, und trotzdem kann ich mich nicht erinnern, dass irgendein Berliner auch nur ein böses Wort gegen Oehrl verloren hätte. Stattdessen bekommt Schiedsrichter Gagelmann die ganze Dresche ab, der doch selbst Betrogener ist, nicht Betrüger.

Die Schwalbe hat sich jetzt sozusagen in der rechtlichen Grauzone eingenistet. Obwohl de jure verboten, dient sie den Spielern längst als legitimes Mittel, um sich und ihrer Mannschaft einen Vorteil zu verschaffen – man darf sich nur nicht erwischen lassen. Die Verantwortung liegt also nicht mehr beim Spieler, sondern beim Schiedsrichter. Da trifft es sich doch gut, dass der am Ende sowieso immer der Dumme ist.

Stefan Hermanns schreibt an dieser Stelle über deutschen Fußball. Markus Hesselmann beschäftigt sich in seiner Kolumne mit dem Ausland, Jens Kirschneck mit Frauenfußball.

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