zum Hauptinhalt

Sport: Stille im Stadion

Der 1. FC Kaiserslautern verliert Spiel um Spiel – weil die Profis nicht miteinander reden

Kaiserslautern. Alle Mühsal des Lebens lag in seiner Stimme, als Erik Gerets im Auto saß und heimfuhr nach Belgien. Der Fußballtrainer des 1. FC Kaiserslautern redete offen über seine Probleme. Und eine Spur Verzweiflung schwang in seinen Sätzen mit. Er erzählte, was er alles unternommen hatte, um seine Mannschaft zum Sieg zu treiben. Schon vor zwei Wochen sei er nach Braunschweig gefahren, vor dem Pokalspiel gegen eben jene Mannschaft und habe das Team beobachtet. Umsonst. Dann erzählte Gerets, dass er viele Sprachen spreche, um mit seinen Spielern zu kommunizieren: Englisch, Italienisch, Französisch, Belgisch und Deutsch. Umsonst. All die Mühe reicht nicht für den einen Sieg, den sich der Coach des Tabellenletzten der Bundesliga so sehnlich wünscht, weil auf dem Punktekonto eine Null steht und weil im Pokal nach einer Niederlage schon Schluss ist.

Was aber nützt ein inbrünstig kämpfender und polyglotter Trainer, der nachdenkt, nachts wach liegt, wenn seine Spieler nicht miteinander sprechen? Ihn verstehen sie in der Pfalz, all die Spieler aus 17 Nationen, die am Betzenberg kicken. Im Team aber sorgen die Sprachbarrieren für Grüppchen. Was hilft ein so ins Detail verliebter Mann am Spielfeldrand, wenn sich die neuen Spieler nicht mit den alten vertragen und Neid den Alltag bestimmt? Die Neuen bringen nichts. Noch nichts, sagt Gerets. Und hofft weiter.

Die Helden des Abstiegskampfes der vergangenen Saison spielen nicht mehr mit. Das schwächt die Gemeinschaft. Erik Gerets spürt den Egoismus, den er für den eigentlichen Grund für die sportliche Krise hält. „Wenn ich merke, dass bewusst gegen andere Spieler gearbeitet wird, müssen ein paar abhauen“, droht er. Sein Chef, der Vorstandsvorsitzende René C. Jäggi, drückt es drastischer aus. „Das sind Profis. Die müssen sich selbst motivieren und nicht jammern wie alte Weiber“, sagt Jäggi. „Wenn es nicht klappt, werden Konsequenzen gezogen.“

Vorerst soll Gerets die Probleme selbst lösen. „So lange Gerets mir sagt, er kriegt das hin, und ich spüre, dass dieses Gefühl echt ist, so lange bleibt der Trainer“, sagt Jäggi. Doch vereinsintern wird am Betzenberg über eine letzte Frist für den 49 Jahre alten Coach aus Belgien gesprochen. Gerets ahnt, dass es eng wird für ihn, wenn seine Profis nicht bald ein kleines Wunder folgen lassen. Er sagt: „Das ist das Schreckliche für Trainer, sie leben von der Leistung ihrer Spieler.“

Lange hat Gerets nicht mehr Zeit. Er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Durchschnittsspieler wie Steffen Freund geholt zu haben, die nicht besser sind als die Alten. Auch Vreven, Nurmela, Kosowski und Mettomo blieben vieles schuldig. Nun laufen die Verbannten durch die Innenstadt und ihre Kneipen und fragen jeden, warum sie nicht spielen und erzählen, dass die Neuen das Team nicht weiterbringen. Deshalb stellt sich einer wie Miroslav Klose hin und sagt: „Wir sind keine Mannschaft, wir sind müde im Kopf.“ Es geht ein tiefer Graben durch den Kader, den Gerets versucht zuzuschütten. „Ein Sieg“, glaubt er, „und es wird besser.“ Und wenn nicht? Dann könnte der September mit den Spielen gegen Freiburg und Frankfurt sowie im Uefa-Cup gegen FK Teplice für Gerets zum Schicksalsmonat werden. Und sein ganzer Kampf hätte nichts genützt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false