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Sport: Strafbares im Kühlschrank

Was die Verschärfung des Arzneimittelgesetzes in der Dopingbekämpfung verändern könnte

Berlin - Der Sport bekommt bald einen neuen Mitspieler. Der Staatsanwalt wird eingewechselt, um den Angriff gegen Doping zu verstärken, darauf hat sich die große Koalition verständigt. Mit einer „neuen Dynamik in der Dopingbekämpfung“ rechnet etwa der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes Clemens Prokop. Denn künftig kann die Staatsanwaltschaft nicht nur gegen die Hintermänner, sondern auch gegen den Athleten ermitteln. Doch was verändert die Verschärfung des Arzneimittelgesetzes? Hätte die neue Regelung alte Fälle lösen können?

Dagmar Freitag, die sportpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, hat schon ein Beispiel geliefert: „Ein Herr Springstein würde mit dieser Regelung nicht straffrei bleiben für das, was in seinem Kühlschrank gefunden wurde.“ Bei einer Durchsuchung im Haus des Leichtathletiktrainers Thomas Springstein hatte die Polizei zahlreiche Kapseln mit Dopingmitteln entdeckt. Dabei handelte es sich vor allem um das Anabolikum Andriol. Springstein wurde vom Amtsgericht Magdeburg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil eine Athletin ausgesagt hatte, als Minderjährige von Springstein Andriol-Kapseln erhalten zu haben.

Mit der Verschärfung des Gesetzes, die vielleicht schon im Juli in Kraft tritt, hätte Springstein wohl eine härtere Strafe erwartet, zumal es gerade um die gängigen Dopingsubstanzen wie Anabolika und Hormonpräparate geht. Springstein hatte erklärt, die Substanzen seien „Anti- Aging-Produkte“ für den Eigenbedarf gewesen. Damit käme er nun wohl nicht mehr durch. Denn die bei ihm gefundene Menge an Kapseln könnte als „nicht gering“ eingestuft werden. Der Besitz einer „nicht geringen Menge“ würde nach der Gesetzesverschärfung auf einen Handel mit Dopingmitteln hinweisen und wäre dann strafbar. „Man muss den Handel gar nicht nachweisen, er folgt aus der gefundenen Menge, das ist ein Riesenfortschritt“, sagt Dagmar Freitag.

Interessant an Springsteins Kühlschrank ist auch, dass noch jemand Zugang hatte: seine Lebensgefährtin Grit Breuer. Vor einer Woche musste der Deutsche Leichtathletik-Verband ein Dopingermittlungsverfahren gegen sie einstellen, weil die ehemalige Weltklasseläuferin aus ihrem Verein SC Potsdam ausgetreten war und damit nicht mehr der Sportgerichtsbarkeit unterliegt. Breuer hätte sich mit der neuen Regelung auch gegenüber der Staatsanwaltschaft rechtfertigen müssen, dass sie mit den Dopingmitteln nichts zu tun hatte und sie allein Springstein gehören, um straffrei zu bleiben.

In anderen Fällen hätte die geplante Gesetzesverschärfung nichts bewirkt – weil es gar keine Fälle gab. „Die Staatsanwaltschaften sind doch gar nicht losmarschiert, weil sie nicht wussten, wonach sie suchen sollten. Das war doch der Teufelskreis“, sagt Freitag. Die Sportverbände hätten zwar bei positiven Dopingtests immer pflichtschuldig Strafanzeige erstattet, aber die Staatsanwaltschaften sahen darin keinen Ermittlungsauftrag. Die Einnahme von Dopingmitteln, ihr Besitz und der Betrug am Gegner waren schließlich bisher straffrei. Jetzt soll immerhin der Besitz bestraft werden und den Staat damit zum Einsatz seines Ermittlungsinstrumentariums berechtigen.

„Eine Sporttasche voll mit verbotenen Substanzen oder die Dopingapotheke im Keller werden in Zukunft bestraft“, sagt Klaus Riegert, der sportpolitische Sprecher der Union. Findet die Staatsanwaltschaft kleinere Mengen an Dopingmitteln, verhängt der Sport eine Strafe. Denn im Sportrecht ist schon der Besitz einer einzigen Dopingpille durch den Code der Welt-Anti-Doping-Agentur verboten.

Fortschritte erhoffen sich Sport und Politik auch von der Unesco-Antidoping-Konvention. Sie soll die internationale Zusammenarbeit verbessern und die Standards der Länder angleichen. Die Konvention wurde am Freitag vom Deutschen Bundestag einstimmig gebilligt.

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