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Sport: Täve Schurs Autobiographie: Junger Wessi liest alten Ossi

Eine Radsport-Legende berichtet aus ihrem Leben und gibt Einblick in längst vergangene Tage. Gustav-Adolf Schur, genannt Täve, erzählt, wie er zum Radsport kam, was jemanden wie mich, der 1978 seine Karriere als Schülerfahrer startete, oftmals zum Schmunzeln brachte.

Eine Radsport-Legende berichtet aus ihrem Leben und gibt Einblick in längst vergangene Tage. Gustav-Adolf Schur, genannt Täve, erzählt, wie er zum Radsport kam, was jemanden wie mich, der 1978 seine Karriere als Schülerfahrer startete, oftmals zum Schmunzeln brachte. Aber auch die Überlegung, ob ich es denn bei so vielen Steinen im Weg auch geschafft hätte ... Vermutlich nicht. Und bei dem Thema liegt wohl der Knackpunkt im Verständnis des Buches. Ich könnte auch sagen: Junger Wessi, nämlich ich, liest alten Ossi. Und das ist keineswegs negativ gemeint. Täve benutzt den Begriff in seinem Buch selbst.

Es ist sicherlich ein Buch voller interessanter Geschichten, Anekdoten und Einblicke. Hauptsächlich geht es um Täves große Karriere. Er erzählt von Olympia, Weltmeisterschaften und seinen Siegen bei der Friedensfahrt. Auch die eine oder andere Niederlage vergisst er nicht. Die politische Seite wird im Laufe seiner Karriere am Rande kommentiert. Seiner politischen Karriere, die er nach seiner sportlichen einschlug, widmet Täve die letzten 50 Seiten, angefüllt mit Interviews und Fanbriefen.

Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich für diese letzten 50 Seiten keine 20 Minuten gebraucht habe. Sicherlich, weil ich vor der Wiedervereinigung ganz andere Idole hatte, Didi Thurau, Bernard Hinault oder Francesco Moser. Es liegen schon Welten zwischen dem heutigen Radsport und dem, von dem Täve erzählt. Eben das macht das Buch für alle interessant, die den Radsport nicht nur lieben, sondern auch an Details einer Epoche interessiert sind, die schon fast ein halbes Jahrhundert zurückliegt.

Noch interessanter ist das Buch freilich für Leser, für die Täve ein Idol war, die seine Karriere verfolgen konnten und ihn vielleicht auch mal bei einer Friedensfahrt vom Straßenrand anfeuerten.

Für jemanden, der mit Radsport nichts am Hut hat und mit dem Namen Täve Schur nichts anfangen kann, was bei den meisten jungen Wessis wohl der Fall ist, ist das Buch entweder der erste Schritt in Richtung Verständnis und Interesse am Radsport - oder aber gleichbedeutend mit zwei Schritten in dieselbe Richtung, nämlich der erste und letzte zugleich.

Für mich war es eine kurzweilige, aber trotzdem nie flache Lektüre. Und das wird das Buch für jeden auch sein, bei dem der Name Täve Schur auch nur im Entferntesten ein Glöckchen zum Klingeln bringt. Und wer weiß, vielleicht jetzt auch noch für den einen oder anderen mehr.

Marcel Wüst

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