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Verunsichertes Energiebündel. Rafael Nadal traut sich in Paris derzeit den Turniersieg nicht zu.

© dpa

Tennis: Nadals Kampf gegen sich selbst

Der einst unbesiegbare Rafael Nadal zeigt sich in Paris voller Selbstzweifel. Auch die Siegesserie des Serben Novak Djokovic nagt an Nadals Nerven.

Schon der erste Schritt, den Rafael Nadal auf einen Court setzt, schüchtert den Gegner auf eine Art ein, wie es niemand sonst im Männertennis vermag. Bereits als Nadal als 15-Jähriger seine ersten kräftigen Gehversuche auf der Profitour machte, unterschied ihn diese besondere Präsenz bereits von allen anderen. Der Spanier strahlt eine solche Willenskraft aus, dass niemand vermuten würde, er hegte auch nur für eine Sekunde lang den geringsten Zweifel an seinem Sieg. Seine Art, Tennis auf dem Platz zu leben, ist bedingungslos, leidenschaftlich und voll berstender Energie. Nadal hat die Aura des Siegers – oft war es nur sein eigener Körper, der sie durchbrechen konnte. Wer Nadal aber in diesen Tagen bei den French Open erlebt, der sieht einen völlig verwandelten Spieler.

Zweifel haben sich beim Spanier eingeschlichen, vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben. Nadal ist verunsichert und hat den bedingungslosen Glauben an sich verloren. Und das an einem Ort wie Roland Garros, wo er schon fünf Mal den silbernen Coupe des Mousquetaires gewann, und der so etwas wie eine Heimat für ihn bedeutet. „Ich bin nervöser, als ich es sonst war“, sagt Nadal, „und ich bin auch nicht zuversichtlich, dass ich das Turnier gewinne. Ich spiele dafür nicht gut genug.“ Solche Worte sind nie zuvor aus seinem Mund gekommen, und sie klingen trotzig.

Nadal steht im Viertelfinale von Paris, doch Runde für Runde musste er sich den kritischen Fragen stellen, die nach Gründen für sein Formtief bohrten. Zum Auftakt musste er gegen den Hünen John Isner erstmals in Paris über fünf Sätze gehen und gab schon bis zur dritten Runde 42 Spiele ab. So viele wie nie zuvor. Nadal gewinnt, aber nicht überzeugend. „Es stimmt, ich spiele nicht sehr gut. Aber ich habe ein gutes Jahr“, entgegnete Nadal gereizt, „ein Spieler ist eben besser als ich. Das ist alles.“

Der eine Spieler ist Novak Djokovic, der Nadals sonst so ausgeglichener Gemütslage derart zusetzt. Der Serbe ist in dieser Saison noch ungeschlagen, hat seine unglaubliche Siegesserie auf 41 Spiele ausgebaut und steht zudem bereits kampflos im Halbfinale der French Open. Wenn es Djokovic ins Endspiel schafft, würde er Nadal als Nummer eins der Rangliste ablösen. Der Druck ist also enorm für den Spanier, der in den letzten sieben Jahren gemeinsam mit Roger Federer das Männertennis dominiert hat, dabei aber meist in der Rolle des Herausforderers agierte. Nun ist Nadal erstmals der Gejagte, und er spürt Djokovic’ Atem stärker denn je in seinem Nacken. Im vergangenen Jahr war Nadals Ausbeute auf Sand perfekt gewesen mit drei Masters-Titeln in Monte Carlo, Rom und Madrid, dazu der Triumph in Roland Garros. Dass er dieses Meisterstück kaum wiederholen könnte, wusste er selbst. Doch Nadal hätte wohl auch nicht geglaubt, dass Djokovic ihm auch seine letzte Domäne streitig machen würde.

Die Titel in Monte Carlo und Barcelona hat Nadal zwar vor kurzem gewonnen, dort war Djokovic jedoch nicht angetreten. Nie zuvor hatte er den Spanier auf der roten Asche bezwingen können, in den Endspielen von Madrid und Rom gelang es ihm jedoch auf beeindruckende Weise. „Auch eine Nummer eins kann nicht jeden Tag wie die Nummer eins spielen“, erklärte Nadal, „niemand kann dieses Level für immer halten.“

Der Druck wird nicht geringer, wartet doch in der nächsten Runde mit Robin Söderling nicht nur der Finalist der letzten beiden Jahre, sondern auch der einzige Spieler, der Nadal je in Roland Garros bezwungen hat. „Es ist ja auch nicht meine Pflicht, das sechste Mal hier zu gewinnen“, sagt Nadal. Früher hätte er aber zumindest an seine Chance geglaubt.

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