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Tennis: Ohne Chance gegen die Großfamilie

Nach der Niederlage gegen Frankreich betreibt das deutsche Davis-Cup-Team Ursachenforschung. Erste Erkenntnisse: Es mangelt an Klasse und Zusammenhalt

In der Kabine der französischen Mannschaft wurde am Samstagabend bereits ausgelassen der Sieges-Champagner verspritzt, als das deutsche Davis-Cup-Team tief betrübt über die Gründe für die deutliche Niederlage Auskunft geben musste. Von der zu großen Übermacht der Franzosen, die auf höchstem Niveau Tennis gespielt hatten, sprach Philipp Kohlschreiber. Es sei ein hartes Los gewesen gegen das derzeit wohl beste Team der Welt, fügte Teamchef Patrik Kühnen hinzu, ihnen fehle eben ein Spieler mit den Qualitäten eines Grand-Slam-Siegers. Sie hatten mit allem recht, dennoch blieb ein fader Beigeschmack nach der Niederlage in Toulon, die die deutsche Mannschaft erstmals seit 2006 wieder in die Relegation zwingt. Dort muss sie Ende September um den Verbleib in der Davis-Cup-Weltgruppe zittern. Denn alles war wieder beim Alten: Die Deutschen spielten gut, aber nicht gut genug, und sie ärgerten sich über jene Daheimgebliebenen, denen persönliche Animositäten wichtiger waren.

Kohlschreiber war aber wohl am meisten von sich selbst enttäuscht, hatte Kühnen ihm doch die Schlüsselrolle gegen die favorisierten Franzosen zugedacht mit Einsätzen im Einzel und Doppel. Doch diese konnte der 26-Jährige in Toulon nicht ausfüllen. „Ich habe ganz okay gespielt. Aber das reichte nicht“, sagte Kohlschreiber. „Schade, ich hatte mich riesig auf den Davis-Cup gefreut.“ Dass das nicht allen Kollegen so gegangen war, machten die zahlreichen Absagen deutlich. Einen Zusammenhang mit seiner Art der Teamführung lehnte Kühnen kategorisch ab: „Ich habe zu allen Spielern ein gutes Verhältnis.“ Zumindest bei mancher Absage durfte daran jedoch gezweifelt werden.

Verbandspräsident Georg von Waldenfels zeigte kein Verständnis für die Begründungen, die Michael Berrer, Florian Mayer und Mischa Zverev abgeliefert hatten: „Ich kann mich nur wundern. Manche Spieler und ihre Managements verkennen die Situation, sich auf dem deutschen Markt zu präsentieren.“ Über das Fehlen von Philipp Petzschner wunderte sich von Waldenfels allerdings nicht so sehr. Er bestätigte in Toulon die Gerüchte, Petzschner habe die obligatorische Athletenerklärung der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) für diese Saison nicht unterschrieben.

So blickte man ein wenig neidisch auf die französische Mannschaft, die wie eine muntere Großfamilie wirkte. „Die Franzosen leben seit Jahren eine innige Freundschaft. Bei uns ist der Zusammenhalt nicht so eng“, bedauerte Kohlschreiber. Doch aus reiner Sympathie reisten auch die Franzosen nicht so zahlreich nach Toulon. Die Spieler erhalten anteilig am Jahresende die gesamten Heimspieleinnahmen – pro Kopf können sie mit einer hohen fünfstelligen Summe rechnen. Der Deutsche Tennis-Bund dagegen ist finanziell marode und muss auch künftig auf das reine Ehrgefühl seiner Spieler bauen. Das ist wohl nicht immer Anreiz genug.

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