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Tennis-Profi Santoro: "Ich könnte ewig spielen"

Fabrice Santoro ist der älteste Tennisprofi bei den Australian Open in Melbourne. Er bestreitet dort sein 66. Grand-Slam-Turnier.

Herr Santoro, Sie sind zu spät.



Entschuldigung, ich bin ein alter Mann, ich brauche für alles etwas länger.

Sie sind 36 – der jüngste Spieler hier im Feld, der Australier Bernard Tomic, ist gerade einmal 16 Jahre alt. Finden Sie das nicht merkwürdig?

Doch, das ist verrückt. Er ist 20 Jahre jünger als ich, er könnte locker mein Sohn sein. Ich würde gern gegen ihn spielen.

Sie halten lauter Rekorde, die mit Ihrem Alter zu tun haben: Sie sind hier in Melbourne der älteste Spieler, der seit 1980 bei den Australian Open angetreten ist, spielen ihr 66. Grand-Slam-Turnier, das 42. in Folge. Spielen Sie nur noch, um Bestmarken zu sammeln?

Ich liebe meinen Beruf und den Wettkampf. Wenn ich nicht mehr in der Lage wäre zu gewinnen, dann hätte ich längst aufgehört. Aber wie man sieht, reicht es immer noch – wie am Montag gegen Juan Carlos Ferrero. Der war immerhin mal die Nummer eins der Welt.

Dafür hat es für Sie in 21 Profijahren nie gereicht. Bedauern Sie das?

Nein, gar nicht. Klar, als kleiner Junge wollte ich die French Open gewinnen. Aber ich habe immer sehr konstant gespielt, das fand ich wichtiger.

Wird Ihnen diese Konstanz nicht langweilig, das ständige Training, die ständigen Reisen, die richtige Ernährung und all das?

Natürlich habe ich heute weniger Lust zu trainieren, und manchmal möchte ich anders leben. Aber es gibt diese besonderen Momente wie am Montagabend: die vielen Zuschauer, vier enge Sätze. Dafür lohnt es sich, immer wieder die Koffer zu packen und auf den Platz zu gehen.

Außerdem kriegen Sie ja auch allein für das Antreten hier in der ersten Runde knapp 10.000 Euro.

Das Geld ist sicher nicht der Grund dafür, dass ich jetzt noch spiele.

Vielleicht fällt Ihnen auch einfach nichts anderes ein, was Sie tun könnten?

Nein, das stimmt auch nicht. Ich habe viele Pläne. Etwas sehen von der Welt, vielleicht Klavierstunden nehmen. Und ich habe angefangen, ein Buch zu schreiben, das nächstes Jahr erscheint. Ich könnte mir auch vorstellen, im Managementbereich zu arbeiten oder ein Turnier zu organisieren. Mir fällt schon etwas ein, da mache ich mir gar keine Sorgen.

All diese Dinge rücken näher – man hört, Sie wollen tatsächlich Ende des Jahres aufhören. Sind Sie sicher, dass sie das können?

Ja, die Entscheidung ist getroffen. Wenn ich solche Matches wie am Montag spielen könnte, ohne Vorbereitung, und wenn ich abends zu Hause schlafen könnte, dann würde ich ewig weitermachen. Aber ich habe meine Tochter jetzt drei Wochen nicht gesehen. Das will ich nicht mehr.

Das Gespräch führte Anke Myrrhe.

Fabrice Santoro, 36, spielt in Melbourne sein 66. Grand-Slam-Turnier. Der Franzose trifft in der zweiten Runde der Australian Open auf Philipp Kohlschreiber.

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