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Kohlschreiber

© dpa

Tennis: Solo für Philipp

Bereits am Samstagabend bekam das Mannschaftsgefüge des deutschen Daviscup-Teams den ersten Riss. Alle Mitglieder hatten sich im Bremer Parkhotel planmäßig eingefunden, doch einer fehlte.

Philipp Kohlschreiber reiste erst am Sonntagabend an und damit verpasste die neue Nummer eins im Team schon die erste gemeinsame Trainingseinheit. Alles sei halb so schlimm, wiegelte man seitens des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) ab, die Übungseinheit am Sonntag sei noch nicht offiziell gewesen.

Nach außen sind Spieler und Verantwortliche sehr darum bemüht, den Schein der heilen Kollektivwelt zu wahren. Schließlich brauche man keine Unruhe, vor allem aber den viel zitierten Teamgeist, um gegen die übermächtigen Spanier ab Freitag im Viertelfinale überhaupt eine Chance zu haben. Immer wieder betonen sie, wie wichtig das „Wir-Gefühl“ sei und dass alle nur an den gemeinsamen Erfolg denken würden. Auf Kohlschreiber trifft das jedoch nicht zu. Wie schon mehrfach in der Vergangenheit, zeigt der 24-Jährige keinerlei Ambitionen, sich in die Zweckgemeinschaft einzufügen. Und wie aus dem Umfeld der Mannschaft verlautet, sei man inzwischen von den ständigen Alleingängen Kohlschreibers mehr als nur genervt.

„Es ist doch verlogen, wenn man auf beste Freunde macht“, verteidigte sich Kohlschreiber, der sich stetig von der Mannschaft absondert. Standardaktivitäten im Hotel – wie zum Beispiel das Kartenspielen – macht er nie mit und spielt stattdessen lieber alleine an der Playstation. Ebenso kritisch wird die Tatsache gesehen, dass Kohlschreiber seinen persönlichen Coach Michael Geserer nach Bremen mitbrachte.

Wenig verwunderlich war es auch, dass Kohlschreiber nach dem Training wortlos die Halle verließ, obwohl er noch für ein lockeres Doppel mit zwei Mitgliedern der Band „Revolverheld“ eingeplant war. Stattdessen mussten Michael Berrer und Philipp Petzschner spielen.

„Wir sind doch als Gruppe hier und es kommt überhaupt nicht darauf an, wer einen Punkt gegen Spanien holt. Hauptsache, wir gewinnen zusammen“, versuchte sich Kiefer diplomatisch, doch auch er wird wissen, dass sein Kollege diese Aussagen nicht verinnerlicht hat. Tennis sei eben ein Sport für Egoisten, erklärte Kohlschreiber frei heraus, und nur für die wenigen Daviscup-Spiele im Jahr wolle er seine Einstellung nicht ändern.

Kiefer als erfahrenstem Spieler obläge es, das Aufbegehren des Aufsteigers einbremsen. Ob sich der 30-Jährige dazu durchringt, wird sich in diesen Tagen spätestens dann zeigen, wenn die Prämienvergabe der Spieler neu verhandelt wird.

Zuletzt hatte sich Kohlschreiber in der Erstrundenpartie gegen Südkorea unbeliebt gemacht, als er sich seinen neuen Status im Team auch finanziell vergüten ließ. Es steht zu bezweifeln, dass Kiefer bei erneuten Forderungen im Sinne Kohlschreibers abstimmen wird. „Wir müssen uns da irgendwie durchbeißen“, sagte Kiefer. Wie es scheint, gilt dies nicht nur für die schwere Aufgabe gegen die Spanier.

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