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Sport: Tipp mit Nebenwirkung

Bremens Torhüter Tim Wiese sagt gegen Nürnberg ein 5:0 voraus – und ist nach dem 0:1 ganz kleinlaut.

Bremen - Den Spott wollte er nicht auch noch ertragen. Ab in die Kabine, nichts hören, nichts sagen – am liebsten nicht einmal gesehen werden. Die 0:1-Niederlage im Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg reichte Tim Wiese, da wollte der Torhüter von Werder Bremen nicht auch noch zum Spießrutenlauf antreten. Erst als die meisten Kameras abgebaut waren und die Trainer ihre Sicht der Dinge erläuterten, kam Wiese aus der Kabine – und blieb nach Bremens erster Niederlage des Jahres ungewohnt einsilbig.

Dabei hatte der Nationaltorhüter eine gute Leistung gezeigt. Beim ersten Auswärtstor der Nürnberger in der Bundesliga-Rückrunde von Alexander Esswein war er machtlos. Ansonsten überzeugte er durch Zuverlässigkeit und einen Reflex gegen Tomas Pekhart. Doch Wiese wusste, warum er kleinlaut blieb. Sein Gegenüber Raphael Schäfer konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: „Wenn ein Nationaltorhüter 5:0 für seine Mannschaft tippt und dann 0:1 verliert, dann haben wir die richtige Antwort gegeben.“ Mit seiner kühnen Voraussage zu Wochenbeginn hat Wiese als Motivator für den Gegner einen prächtigen Job gemacht. Unbedacht womöglich, wie Nürnbergs Hanno Balitsch verriet. Wiese habe ihm gesagt, dass er im falschen Moment gefragt worden sei. „Er war gerade im Karneval unterwegs“, erzählte Balitsch. Der Tipp prangte dann die ganze Woche über an der Nürnberger Kabinentür. „So was würde ich doch auch zur Motivation nutzen“, sagte Werders Geschäftsführer Klaus Allofs.

Vier Tage vor dem Länderspiel im Weserstadion gegen Frankreich musste sich Wiese seine Ansprüche auf den Platz im Tor von Bundestrainer Joachim Löw verkneifen – und den Hinweis auf die Notwendigkeit einer Vertragsverlängerung bei Werder Bremen gleich mit. Die steht seit Wochen im Raum, zu besseren Konditionen als die momentan rund 2,8 Millionen Euro pro Jahr, wenn es nach Wiese geht. „Bis April werden wir ganz sicher wissen, wo der Weg hingeht“, sagte Allofs. „Ich glaube, dass wir eine Vertragsverlängerung anstreben sollten.“ Ein klares Ja könne er aber nicht verkünden, „weil ich nicht weiß, was wirtschaftlich möglich sein wird und weil ich nicht weiß, wie die Vorstellungen von Tim Wiese sein werden“. Durch die Niederlage gegen Nürnberg könnten Bremen im Kampf um die internationalen Plätze am Ende wichtige Punkte fehlen.

Nach der zweiten Heimniederlage der Saison war das Glücksgefühl der Vorwoche, als die Bremer euphorisch vom Nordderby aus Hamburg zurückkehrten, verflogen. „Der Wille hat uns übermannt; und wir haben den Kopf ausgeschaltet“, sagte Trainer Thomas Schaaf. Gegen die cleveren Nürnberger konnte Werder 62:38 Prozent Ballbesitz und 20:11 Torschüsse nicht nutzen – auch weil die Gäste mehr Zweikämpfe gewannen. Nicht alle Bremer waren so entschlossen wie Wiese, der das Glück immerhin erzwingen wollte. In der Nachspielzeit stürmte er mit nach vorn. Aber Werders Torhüter hatte nach seinem fatalen Tipp ja auch noch etwas gutzumachen. dapd

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