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Sport: Tippelschritt nach vorne

Am Fuß der Treppe, die zu den Umkleidekabinen der Gäste in der Hala Lodowa von Wroclaw führt, wurde Tommy Thorwarth abgepasst. Ein polnischer Fan stellte sich ihm in den Weg und ließ Thorwarth erst passieren, als der ihm ein Autogramm gegeben hatte.

Am Fuß der Treppe, die zu den Umkleidekabinen der Gäste in der Hala Lodowa von Wroclaw führt, wurde Tommy Thorwarth abgepasst. Ein polnischer Fan stellte sich ihm in den Weg und ließ Thorwarth erst passieren, als der ihm ein Autogramm gegeben hatte. Thorwarths Einsatzzeit bei Albas 66:71-Niederlage im Euroleaguespiel bei Slask Wroclaw: null Minuten. Der junge Pole wusste vermutlich nicht einmal, wen er da vor sich hatte. Jedenfalls einen Spieler des Deutschen Meisters - und dessen Unterschriften sind begehrt.

Die Berliner Fans, die in drei Bussen mit nach Wroclaw gekommen waren, waren zurückhaltender. Einige klatschten die Spieler ab, die Übrigen standen eher trübsinnig herum. Die Niederlage war es nicht, die einigen Fans zusetzte, beide Teams hatten ohnehin keine Chance mehr gehabt, die Zwischenrunde zu erreichen. "Die haben ohne Feuer gespielt", jammerte einer, "Pesic und Phelps spielen so, als wollen sie sich wegspielen", sagte ein anderer.

Ganz so war es zwar nicht. Nach 15-Punkte-Rückstand hatte sich Alba im letzten Viertel herangekämpft. Zumindest über weite Strecken stimmten Einsatz und Einstellung. Ein winziger Schritt nach vorn, waren diese Tugenden doch zuletzt abhanden gekommen. "Zumindest weiß Wroclaw jetzt, dass es eklig ist, gegen Alba zu spielen", sagte Vizepräsident Marco Baldi. Schließlich sei der Gegner nach dem Sieg gegen das Spitzenteam von Maccabi Tel Aviv schon als Final-Four-Kandidat gehandelt worden. Jetzt stehen die Polen nicht einmal in der Zwischenrunde, haben Trainer und mehrere Spieler rausgeschmissen und hektisch neue verpflichtet. Aber, so sind Baldis Worte wohl zu verstehen, es so einem Team schwer zu machen, spreche schon für Alba.

Die Ansprüche sind gesunken, nicht bei den Fans, aber bei Offiziellen und Spielern in dieser verkorksen Saison, in der der Meister in der Bundesliga nur Fünfter ist und ein Durchschnittsteam wie Würzburg die Max-Schmeling-Halle als Sieger verlässt. Ziel ist zwar immer noch die Deutsche Meisterschaft, aber nach deutlicher Kritik durch Trainer und Vorstandschaft sind nach dem leichten Aufbäumen von Wroclaw Streicheleinheiten angesagt für die psychisch angeknacksten Profis. Zumindest nach außen. "Wir waren spielerisch unter unseren Möglichkeiten, aber wir haben gekämpft und sind nicht auseinandergefallen", lobte Baldi.

77 Gegenpunkte in einem Auswärtsspiel sprechen für eine ordentliche Verteidigung. Nur 66 eigene Punkte, davon 19 durch Freiwürfe, für eine enttäuschende Offensive. Irgendwas gibt es immer, was nicht funktioniert. Wird ein Fehler abgestellt, tut sich ein anderer auf. "Wenn drei von uns etwas gut machen, machen die anderen zwei Fehler", sagt Derrick Phelps, der erneut kaum Impulse setzen konnte. Bei Berlin ragte aus einer biederen Truppe keiner heraus. Voran, siehe Defense, geht es nur in Tippelschritten.

Helen Ruwald

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