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Sport: Tragisches Comeback

Jens Nowotny steht nach einem erneuten Kreuzbandriss vor dem Karriereende

Leverkusen. Nichts verwies auf die Tragik des Augenblicks. Still und ohne viel Aufsehen vollzog sich die Aktion, die das Karriereende von Jens Nowotny bedeuten kann. Es geschah am Sonntag in der Bayarena während der Schlussphase der Bundesligapartie Bayer Leverkusen gegen Energie Cottbus. Der Cottbusser Andrzej Juskowiak hatte sich von hinten an Bayers Abwehrchef herangeschlichen und ihm einen Schlag aufs rechte Knie verpasst. Nowotny fiel zu Boden. Laut geschrien hat der 29-Jährige nicht, liegen blieb er auch nicht. Keiner ahnte, dass der Zweikampf fatale Folgen haben würde: Seit Dienstag steht fest, dass Nowotny einen Kreuzbandriss erlitt, damit zumindest in dieser Saison nicht mehr spielen kann.

Am Sonntag noch hatte sich Nowotny nicht besonders beeindruckt von seinem Fall gegen Cottbus gezeigt. „Es war keine übertrieben harte Situation“, sagte er. Seinen aufgeregten Trainer Klaus Toppmöller, der ihn vom Platz holen wollte, hatte Nowotny nach dem Foul ignoriert. Das Kontingent an Auswechslungen war erschöpft, da hielt Nowotny eben durch. Unglaublich angesichts der Diagnose vom Dienstag: Es ist die gleiche Verletzung am rechten Knie wie damals, als seine Leidensgeschichte vor gut 270 Tagen begann, Nowotnys Karriere schon einmal beendet schien.

Vor neun Monaten, am 30. April, war Nowotny im Champions-League-Spiel gegen Manchester United nach einem Zusammenprall mit dem Holländer Ruud van Nistelrooy mit einem lauten Schrei zu Boden gesunken. Damals, als Bayer noch Kandidat auf drei Titel und nicht auf den Abstieg war. Noch während das Halbfinale in der Champions League lief, wurde Nowotny untersucht, war der Kreuzbandriss festgestellt worden. Eine schlimmere Nachricht gibt es für einen Profi-Fußballer kaum. Neun Monate benötigte der Nationalspieler, bis er sein Comeback gegen Cottbus geben konnte. Eine Odyssee lag hinter ihm. Beim Spezialisten Richard Steadman in Vail im US-Bundesstaat Colorado hatte er sich schließlich operieren lassen, nachdem mehrere Behandlungsmethoden nicht funktioniert hatten.

Dass Nowotnys Rückkehr bereits nach einem Spiel in der Bundesliga wieder der Abschied folgte, kann Reiner Calmund kaum fassen. „Er hatte sich mit großer Akribie gerade erst wieder herangearbeitet“, sagt der Bayer-Manager. Calmund erfuhr bereits am Montagabend die Hiobsbotschaft. „Jens hat die Nachricht seinem Naturell entsprechend sehr gefasst aufgenommen“, sagt er. Nowotny hatte nach dem Spiel in Cottbus den Ernst der Lage noch nicht erkannt. Eine halbe Stunde lang war er mit zerfetztem Knie umhergelaufen. „Ich denke, das ist alles halb so wild“, hatte er gesagt. „Ich werde mich heute in den Kernspintomographen legen. Nach dem Kreuzbandriss will ich kein Risiko eingehen.“

Nowotny will sich bereits kommende Woche in Regensburg operieren lassen. In Leverkusen wird derweil schon nach einem Ersatz für Nowotnys Position in der Abwehr gesucht. Eile ist geboten, Transferschluss ist am 31. Januar. „Wir haben bereits in ganz Europa und Südamerika Spielerberater eingeschaltet“, sagt Calmund.

Doch bei allen Gedanken an das Geschäft – Calmund fühlt mit Nowotny, der noch einen Vertrag bis 2008 bei Bayer hat. „Wir werden ihn wieder aufrichten“, sagt Calmund. „Es geht weiter für Jens.“ Unterstützung bekommt Nowotny von DFB-Teamchef Rudi Völler, der bereits ein Comeback Nowotnys in der Nationalmannschaft erwogen hatte. „Ich denke, dass Jens den Ehrgeiz hat, wieder anzugreifen. Wir werden ihm dabei helfen“, sagt Völler. Das wird auch aus psychologischer Sicht nötig sein. Denn für Nowotny heißt es nun, die Tragik des Augenblicks vom Spiel gegen Cottbus zu verkraften.

Christoph Bertling

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