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Dribbelnde Frohnatur. Mitchell Weiser (v.) gehört nicht nur auf dem Feld zu den kreativsten Nachwuchsspielern.

© AFP

U-17-WM: Tore wie auf der Playstation

Mitchell Weiser und Deutschland begeistern bei der U-17-WM in Mexiko. In der Nacht zum Freitag trifft das Team von Trainer Steffen Freund im Halbfinale auf die Gastgeber

Berlin - Kaum lag der Ball im Tor, da saßen die deutschen U-17-Nationalspieler auch schon auf dem Rasen und drückten wie wild mit ihren Fingern in der Luft herum. Die jungen Männer nahmen sich selbst aufs Korn: Seht her, das haben wir alles beim spielen auf der Playstation gelernt, sollte das wohl heißen.

Initiator dieser ungewöhnlichen Aktion war Mitchell Weiser, der neben Fußball- und Computerspielen seine Zeit damit verbringt, sich einen möglichst kreativen Torjubel einfallen zu lassen. Und Gelegenheiten zum Feiern hat der 17-Jährige zur Zeit genug. Mit der U 17 steht Weiser bei der Weltmeisterschaft in Mexiko im Halbfinale, in der Nacht zum Freitag (1 Uhr, live bei Eurosport) geht es dort gegen die Mexikaner um den Einzug ins Endspiel. „Das wird ein Fußballfest“, sagt der deutsche Trainer Steffen Freund. „Es ist etwas ganz besonderes, im Halbfinale gegen den Gastgeber vor ausverkauftem Haus zu spielen.“

Dass es die deutsche Mannschaft bis unter die letzten Vier geschafft hat, ist auch ein Verdienst von Mitchell Weiser. Der Sohn des früheren Fußball-Profis Patrick Weiser gehört bei dieser Juniorenweltmeisterschaft zu den auffälligsten Spielern überhaupt. Mit seiner Dynamik und Dribbelstärke sorgt er auf der rechten Seite stets für Gefahr. „Mitchell verfügt über eine brillante Technik und ist im eins-gegen-eins kaum aufzuhalten“, sagt Boris Schommers. „Dazu kommt, dass er auf Rechts flexibel einsetzbar ist und auch in der Defensive spielen kann.“ Schommers ist Trainer der Kölner B-Jugend, die vor wenigen Wochen die deutsche Meisterschaft gewann. Mit Weiser als Kapitän. Nun soll möglichst der WM- Titel folgen. Deutschland hat sich mit überzeugenden Leistungen Respekt verschafft und gehörte als Vize-Europameister neben Mexiko und Brasilien, das im anderen Halbfinale auf Uruguay trifft, schon vor dem Turnier zu den Favoriten. Es wäre der erste WM-Triumph für eine deutsche Mannschaft in dieser Alterskasse. Das beste Ergebnis erreichte die U-17 des Deutschen Fußball Bund (DFB) 1985, als man bis ins Finale kam und dort Nigeria mit 0:2 unterlag. Im Gegensatz zur Mannschaft von 1985 ist der aktuelle Jahrgang aber deutlich offensivstärker. 18 Tore erzielte das Team bisher – so viele wie keine andere Mannschaft. Drei davon schoss Weiser, bei anderen Treffern wie im Viertelfinale beim 3:2-Sieg gegen England leistete er die Vorarbeit. „Mitchell hat ein gutes Auge, er kann seine Mitspieler hervorragend in Szene setzen“, sagt Boris Schommers.

Ein zweiter Platz bei der WM 1985 ist bisher das beste Resultat einer deutschen U-17-Auswahl

Von Weisers Übersicht profitieren im deutschen Team vor allem die Angreifer Samed Yesil, der schon viermal traf, Marvin Ducksch oder Levent Aycicek. Sie alle gelten als hoch veranlagt und könnten genau wie Kapitän Emre Can eine glänzende Zukunft vor sich haben. Sicher ist das aber keinesfalls. Viele Spieler in diesem Alter bleiben in ihrer Entwicklung stehen und schaffen den Übergang zu den Profis nicht. „Das gehört dazu“, sagt Boris Schommers. „Wichtig ist, dass die Jungs auf dem Boden bleiben und sich nicht von ihren Erfolgen im Juniorenbereich blenden lassen, denn im Grunde haben sie noch nichts erreicht.“

U-17-Trainer Steffen Freund sieht das ähnlich, ihm ist neben der sportlichen auch die charakterliche Entwicklung seiner Spieler wichtig. Freund weiß nur zu gut, dass es im Fußball nicht immer so erfolgreich zugeht wie im Moment bei dieser WM. „Man muss fleißig und bescheiden bleiben“, sagt Freund. Mitchell Weiser wird genau hinhören. Sein Jubel-Reportoire ist schier unerschöpflich. Es wäre schade, wenn er es nicht mehr zeigen könnte.

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