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Sport: Überholverbot in der Formel 1?

BARCELONA .Norbert Haug war zufrieden.

BARCELONA .Norbert Haug war zufrieden."Heute ist ein Tag, den man so richtig genießen muß", strahlte der Mercedes-Sportchef, und er hatte allen Grund dazu: Nach Wochen der Entbehrungen hatten Mika Häkkinen und David Coulthard beim Großen Formel-1-Preis von Spanien in Barcelona den lang ersehnten Doppelsieg für die Silberpfeile herausgefahren.Und dementsprechend feierte die Mercedes-Truppe dann auch.Die Party im Fahrerlager dauerte bis in die frühen Morgenstunden, feucht-fröhlich mit Rockmusik und großem Nudelessen.Norbert Haug versuchte sich sogar als Tänzer, animiert von einem der illustren Mercedes-Gäste, dem südafrikanischen Botschafter in Deutschland.Auch Skispringer Dieter Thoma war noch da und beantwortete bereitwillig die Frage, ob denn für ihn nun der richtige Fahrer gewonnen habe: "Ich denke schon - auf jeden Fall der beste."

Bei Mercedes wurde gefeiert, die Konkurrenz schimpfte, unterstüzt von den Zuschauern.Einmal mehr hatten sie ein denkbar langweiliges Rennen gesehen, das die Diskussionen um das aktuelle Reglement von neuem anheizte.Zu deutlich hatte sich gezeigt, daß die Technik der heutigen Autos jegliche Überholversuche zum Scheitern verurteilt."Kannst du dich eigentlich erinnern, wann du zum letztenmal einen direkten Konkurrenten auf der Strecke überholt hast", wurde Sieger Mika Häkkinen gefragt, und der Finne antwortete entwaffnend ehrlich: "Nein, keine Ahnung." Das ist ja auch schon eine ganze Weile her: Es war vor einem Jahr beim Großen Preis von Europa am Nürburgring.Damals zog Häkkinen an Schumachers nordirischem Teamkollegen Eddie Irvine vorbei.

Schumacher selbst hat zu dem Thema eine klare Meinung, nicht erst, seitdem er am Sonntag viel Zeit verlor, weil er lange hinter dem deutlich langsameren Jacques Villeneuve fahren mußte."Man hat mit den aerodynamisch so sensiblen Autos einfach keine Chance mehr, nahe genug an einen Gegner heranzufahren.Schon bei einem Abstand von zwei Sekunden fängt das an, daß einem der Abtrieb fehlt.Wenn man viel schneller ist, kann man vielleicht auf 1,5 Sekunden ranfahren.Aber dann ist auch schon Feierabend." Teamkollege Irvine wurde noch deutlicher: "Ohne Überholen geht die Formel 1 kaputt.So ist es langweilig und macht keinen Spaß." Ferrari-Rennleiter Jean Todt schloß sich an: "Am Start war schon alles vorbei.Auf diese Weise darf Häkkinen nicht noch einmal gewinnen."

"Fehler Ferrari, Doppelsieg McLaren", titelte die "Gazzetta dello Sport": "Aus der Langeweile kehren die Silberpfeile als Sieger zurück." Die FIA mit Präsident Max Mosley an der Spitze hatte 1998 aus Gründen der Sicherheit drastische Regeländerungen beschlossen.So wurde damals die Breite der Rennautos von 200 auf 180 Zentimeter reduziert.Zusätzlich wurden die profillosen Slicks verboten und durch Rillenreifen ersetzt.Die Theoretiker des Verbandes wollten die hohen Kurvengeschwindigkeiten senken und versprachen sich von den Änderungen spannendere Rennen.Doch das Gegenteil ist der Fall."Die Autos rutschen wie verrückt, sind schwerer zu fahren, das Überholen ist unter gleichen Bedingungen fast unmöglich geworden", sagt Schumacher.Dadurch habe der Doppelerfolg der Silberpfeile beim Großen Preis von Spanien praktisch mit dem Start festgestanden.

Für die Fahrer liegt die Lösung auf der Hand: Die Autos sollen wieder besser fahrbar und weniger windanfällig gemacht werden."Weg von den Rillenreifen, wieder hin zu Slicks, breiteren Reifen und breiteren Autos", fordert Schumacher.Das beste Beispiel sei ein Motorrad-Grand-Prix, "da fahren alle eng zusammen, da gibt es keine Aerodynamik, nur den Grip, den die Reifen und das Fahrwerk erzeugen - und es funktioniert".Und wenn die Bemühungen der Fahrer um eine Reglementänderung scheitern, sie kein Gehör bei den Verantwortlichen finden sollten? Dann, so Schumacher, bliebe nur noch ein Weg: "Dann müssen uns die Medien helfen.Ihr seid unser bestes Druckmittel."

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