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Überraschungsmannschaft Frankfurt: Realismus vor dem Spitzenspiel

Aufsteiger Eintracht Frankfurt ist perfekt in die Saison gestartet. Vor dem Duell mit Meister Dortmund garantiert Trainer Veh für Bodenhaftung. Er hat einen Kader zusammengestellt, der harmoniert - und mehr will.

Frankfurt am Main - Im Tagungsraum "Silber" ist es voll und stickig. Neun Kameras und neun Mikrofone signalisieren an diesem Montagnachmittag, dass es hier um öffentlich bewegende Fragen geht. Hinter dem Mikrofonbündel sitzt Armin Veh. Ehe die Gesprächsrunde in dem Hotel beginnt, sagt er noch: "Ich wusste gar nicht, dass es so viele TV-Sender gibt." Gelöst wie fast immer bei seinen Auftritten dieser Tage wirkt der silberhaarige Cheftrainer von Eintracht Frankfurt auch einen Tag vor dem Bundesligahit zwischen seiner an den ersten vier Spieltagen siegreichen Mannschaft und dem deutschen Meister Borussia Dortmund. Dass der gebürtige Augsburger bei kleinen Verletzungen der Spielregeln aber auch unduldsamer klingen kann, bekommt der zehnte Kameramann zu hören, der zu spät zu dieser Pressekonferenz erscheint. Der 51 Jahre alte Veh, der 2007 den VfB Stuttgart zur deutschen Fußballmeisterschaft führte, ist eben auch eine Respektsperson, die auf Pünktlichkeit penibel Wert legt.

In Frankfurt hat der Mann, der nach dem Stuttgarter Coup in Wolfsburg und Hamburg weniger Erfolg hatte, wieder zurückgefunden zur prägenden Kraft seiner erfolgreichsten Jahre. Dass die Eintracht als Tabellenzweiter derzeit fünf Punkte vor dem am Samstag in Hamburg erstmals nach 31 Bundesligaspielen ohne Niederlage wieder besiegten BVB liegt, ist für Veh kein Grund, die eigentlichen Verhältnisse aus den Augen zu verlieren. "Wir haben auch Glück in den engen Partien gehabt, und Dortmund hätte den Torchancen nach klar beim HSV gewinnen müssen", sagt er.

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Dieser Trainer, der die 2011 wieder einmal in die Zweitklassigkeit abgerutschte Eintracht zurück nach oben führte, hat mit sehr viel Akribie, Selbstbewusstsein und einer klaren Spielidee diesen Wiederaufsteiger schon während der endlos langen Sommerpause auf erstklassiges Niveau gehievt. Immer wieder ließ er, ein Verfechter des offensiven Kurzpassspiels mit eingebauten Risikofaktoren, seine Spieler bestimmte Spielkombinationen üben, üben, üben. Er, der die zweite Liga vor seinem Engagement in Frankfurt, wie er sagt, "gar nicht kannte", nutzte den kostenlosen Anschauungsunterricht und verpflichtete mit Sportdirektor Bruno Hübner Zweitligaspitzenkräfte wie Takashi Inui (zuvor beim VfL Bochum), Stephan Aigner (München 1860) oder Olivier Occean (Greuther Fürth). Sie beleben das Spiel der Frankfurter rund um erfahrene Stammspieler wie Alex Meier oder Pirmin Schwegler und aufstrebende Talente wie Sebastian Rode oder Sebastian Jung. „Ich weiß“, sagt Veh voller Zuversicht, dass sich die Mannschaft entwickelt, weil sie auch kicken kann.“ Der Trainer schreckt in seinem Optimismus nicht einmal davor zurück, strebsamen Spielern wie Jung, Rode, dem Linksverteidiger Bastian Oczipka oder Torhüter Kevin Trapp internationale Perspektiven zu prophezeien.

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Dabei gibt Veh, nur weil die Eintracht nach vier Spieltagen makellos dasteht, noch lange keine höheren Saisonziele aus. Während ein Spieler wie der Mittelfeldstratege Rode sagt, „wir sind so gut drauf, dass wir auch gegen Dortmund auf drei Punkte spielen“, überlässt Veh die Favoritenrolle gern dem Gegner. Bisher lenkte der Elan und Spielwitz seine Mannschaft stets in die richtige Richtung, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren. Dass das Frankfurter Spiel in seinen besten Momenten dem der Dortmunder Umschalt- und Pressingspezialisten ein wenig ähnelt, ist auch ihm schon aufgefallen.

Und so schätzt er die Schwarzgelben als "den ganz, ganz großen Bruder" ein, von dem "wir viel lernen können".

Abheben wird in Frankfurt selbst bei einem Erfolg über den BVB niemand. Dafür ist die Erinnerung an den bisher letzten Sieg über die Westfalen zu präsent. Zum Ende der Hinserie 2011/12 gewannen die Hessen 1:0, hatten 26 Punkte und träumten vom Europapokal. Das Ende vom Lied: Die Eintracht stieg ab. Dazu dürfte es in dieser Saison kaum kommen. Veh träumt nicht und seine Mannschaft möchte immer bessern werden.

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