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Sport: Ungeliebte Besatzer

Vor dem Finale am Sonnabend in Berlin erholt sich die German Football League nur langsam von den Folgen der NFL Europa.

Berlin - Eine Frage bekam Jürgen Gehrke in den vergangenen Tagen häufiger gestellt. „Spielt ihr gegen die Frankfurt Galaxy?“, wollte so mancher wissen. Der Abteilungsvorsitzende der Schwäbisch Hall Unicorns verneinte dann jedes Mal geduldig und erklärte, dass der Gegner Kiel Baltic Hurricanes heißt. Und nicht Frankfurt Galaxy. Oder Berlin Thunder. Diese Klubs gibt es nämlich nicht mehr, so Gehrke.

Am Sonnabend spielen im Berliner Jahn-Sportpark die Schwäbisch Hall Unicorns gegen die Kiel Baltic Hurricanes (Kickoff 18 Uhr) um die deutsche Meisterschaft im American Football. Es ist das erste Mal seit 1988, dass das Finale namens German Bowl wieder in der Hauptstadt ausgetragen wird. Rund 5000 Karten sind bisher im Vorverkauf weggegangen, die Veranstalter rechnen am Ende mit der doppelten Zahl an Zuschauern. Wenn alles gut läuft. Mehr werden es wohl nicht, das haben die vergangenen Jahre gezeigt.

Noch immer leidet die 1979 gegründete German Football League (GFL) darunter, dass sie lange Zeit nur die Nummer zwei in Deutschland war. 16 Jahre, von 1991 bis 2007, dominierte zuerst die World League, später die NFL Europe und am Ende die NFL Europa das Geschehen im American Football. Der Spielbetrieb in diesen Ligen wurde durch die Teambesitzer der National Football League (NFL) finanziert. Die Amerikaner wollten ihre Sportart durch die Einführung einer eigenen Liga in Europa bekannter machen. Gleichzeitig sollten Ersatzspieler und Talente während der Sommerpause in den USA Spielpraxis auf dem alten Kontinent sammeln. Teams wie die Frankfurt Galaxy, Berlin Thunder oder Rhein Fire erfreuten sich großer Beliebtheit und zogen nicht selten über 30 000 Zuschauer in die Stadien. Vor fünf Jahren waren es die Bosse dann leid, ständig finanzielle Verluste hinnehmen zu müssen. Die NFL Europa wurde eingestellt.

Trotzdem sind die Mannschaften vor allem jenen noch ein Begriff, die sich nicht täglich mit American Football beschäftigen. Teams wie Schwäbisch Hall oder Kiel kennen dagegen oft nur Fachleute. „Durch das Ende der NFL Europa ist ein kleines Vakuum entstanden“, sagt Gunnar Peter, der Manager der Kiel Baltic Hurricanes. „Die GFL konnte das Zuschauervolumen nicht auffangen.“

Wie auch. Bei den Spielen der NFL Europa handelte es sich um professionell organisierte Sportevents mit Showprogramm. Bands traten auf, es gab allerhand Schnickschnack. „Der Fan hat ein hohes Niveau an Entertainment genossen, das die Vereine der GFL nicht aufbringen können“, sagt Peters. Dafür wären die finanziellen Möglichkeiten einfach nicht vorhanden.

Insgesamt ist in der GFL alles eine Nummer kleiner. Zu den regulären Saisonspielen kommen selten mehr als 1000 Zuschauer. Nur am ersten Spieltag, beim Berliner Derby zwischen den Adlern und den Rebels, fanden sich 5000 Fans ein. Die Stadien sind oft marode, in den großen Arenen, so wie damals noch die Teams der NFL Europa, spielen die Mannschaften der GFL nicht. „Allein die Mieten dafür kann sich kein GFL-Verein leisten“, sagt Robert Huber.

American Football mag durch die Vermarktung und Medienpräsenz der NFL Europa in Deutschland populärer geworden sein, ansonsten hat die Liga dem Sport hierzulande aber geschadet, findet der Präsident des American-Football-Verbandes Deutschland. Huber sagt: „Das war eine fremde Besatzungsmacht, ohne Kenntnis unserer Strukturen. Für uns war die NFL Europa ein komplettes Fiasko. Erst seit die wieder weg ist, geht es bei uns aufwärts.“

Laut Huber sind die Zuschauerzahlen in den vergangenen Jahren wieder langsam gestiegen, in der aktuellen Saison kamen insgesamt rund 160 000 Fans zu den Spielen. In der Spielzeit davor waren es nur 130 000 gewesen. Am meisten freut sich Huber aber über den stetigen Mitgliederzuwachs. Zurzeit spielen gut 45 000 Menschen in Deutschland organisiert American Football. „Wir sind auf einem guten Weg, es geht aufwärts.“

Solange viele beim Begriff German Bowl aber weiter an Frankfurt Galaxy denken, wartet auf Robert Huber noch jede Menge Arbeit. Sebastian Stier

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