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Sport: Unter der Sonne Portugals

Statt großer Aktionen gab es bisher nur große Hitze

„Die Hitze legt die Fantasie lahm“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“ aus Italien. Diese Einschätzung war eigentlich nur auf das müde Spiel der Italiener gegen Dänemark bezogen, sie kann aber durchaus auf die ersten Tage der Europameisterschaft in Portugal angewandt werden. Nicht die genialen Zaubereien der Henrys, Owens, Vieris oder Rauls haben den bisherigen Turnierverlauf bestimmt, sondern umherfliegende Wasserflaschen und hechelnde Profis, die über hohe Temperaturen klagen. Bei 34 Grad Celsius selbst in den frühen Abendstunden waren schöne, aber Kraft raubende Einzelaktionen bislang die Ausnahme.

Ausgerechnet die Italiener, von denen man eigentlich eine gewisse Hitzeresistenz erwarten dürfte, beschwerten sich nach ihrem lustlosen Auftritt am lautesten über das Klima. Der braungebrannte Mittelfeldstar Francesco Totti machte für seine Leistung die „unerträgliche Hitze“ verantwortlich, Trainer Giovanni Trapattoni sorgte sich sogar um die Gesundheit seiner Spieler: „Man konnte fast nicht mehr atmen.“ Auch Kroatiens Trainer Otto Baric hatte den Schuldigen für das 0:0 gegen die Schweiz schnell gefunden und stellte eine verwegene Theorie auf: Aufgrund der zahlenmäßigen Überlegenheit nach dem Platzverweis gegen den Schweizer Vogel hätte sein Team noch stärker unter der Sonneneinstrahlung gelitten, die ihm alle Energie geraubt hätte. Selbst in Kroatien tat man sich schwer, diese Argumentation nachzuvollziehen.

Seltsamerweise kommen die nordeuropäischen Teams weit besser mit den hohen Temperaturen zurecht. Der dänische Coach Morten Olsen begegnete den Jammereien der Italiener mit dem saloppen Satz „Uns hat es nicht so viel ausgemacht.“ Nachbarland Schweden schickte die verschwitzten Bulgaren mit 5:0 vom Platz. Es scheint sich zu bestätigen, dass – wie schon im schwülen Klima der Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea – die Fitness der Spieler einen weit größeren Anteil am Erfolg hat als unter moderateren Bedingungen. Die Vertreter des Fußballs physischer Prägung konnten ihre technischen Nachteile auch mit Hilfe der heißen Sonne Portugals weitgehend kompensieren – ob nun Griechenland gegen Portugal oder Deutschland gegen die Niederlande. In diesen Spielen war die Hitze ein durchaus wichtiger Faktor.

Auch für das Schicksal von Alexander Mostowoj war sie nicht unbedeutend. Russlands Star darf sich den Rest der EM am Fernseher angucken, weil er Trainer Georgi Jarzew nach der Niederlage gegen Spanien kritisiert hatte. Jarzew hatte nach Mostowojs Ansicht bei den hohen Temperaturen zu hart trainieren lassen. Daraufhin musste Mostowoj nach Hause. Dabei war fast allen Beobachtern aufgefallen, dass die Russen nach einer guten Stunde Spielzeit erschöpft waren.

Die Bedeutung des richtigen Trainings wird in den nächsten zweieinhalb Wochen eher noch steigen. Alle vier Tage ein Spiel – da muss vor allem regeneriert werden. Otto Rehhagel, Trainer der Griechen, hat die Einheiten nach dem Auftaktspiel in die Abendstunden verlagert, um Kraft zu sparen. Deutschlands Teamchef Rudi Völler hat mit dem Klima „grundsätzlich keine Probleme“, passt seinen Trainingsplan aber täglich neu den Bedingungen an. Später als 18 Uhr sollen die Übungen aber auf keinen Fall beginnen: „Wir wollen ja auch etwas schwitzen.“ Tsp

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