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Sport: Unternehmen Rollrasen

Von Christoph Kieslich Winden. Wenn er nicht ein paar Probleme im Reisegepäck hätte – Rudi Völler wäre gestern leichteren Herzens Richtung Cardiff aufgebrochen.

Von Christoph Kieslich

Winden. Wenn er nicht ein paar Probleme im Reisegepäck hätte – Rudi Völler wäre gestern leichteren Herzens Richtung Cardiff aufgebrochen. Doch vor den letzten WM-Tests heute Abend gegen Wales (20.45 Uhr, ARD) und am Samstag in Leverkusen gegen Österreich reihen sich Fragezeichen aneinander. Einzig der Comeback-Versuch von Christian Ziege im Millennium-Stadiondürfte neue Aufschlüsse über die Besetzung der linken Mittelfeldseite geben.

Seine positive Ausstrahlung lässt sich der Teamchef vom harzigen Auftakt der heißen Vorbereitungsphase aber nicht beeinträchtigen. Höflich stattete er den Elztälern seinen Dank für „perfekte Gastfreundschaft“ ab. Der DFB hat das Seinige dazu getan und den Amateurligisten in Winden und Waldkirch zwei nagelneue, subventionierte Rollrasen-Plätze hinterlassen, die eigens für die sieben Trainingstage der Nationalmannschaft hergerichtet worden waren.

So hat der Aufenthalt im touristisch geprägten Elztal immerhin bewirkt, die interne Stimmung hoch zuhalten. „Das entspannte Ambiente hat dazu beigetragen“, findet Jung-Nationalspieler Sebastian Kehl, der die Vorzüge der Unaufgeregtheit im südwestlichsten Zipfel der Republik in seiner Zeit beim SC Freiburg schätzen gelernt hat. 300 Ausflügler verfolgten das Sonntagstraining und sorgten damit für einen Besucherrekord auf dem Dorfplatz im Ortsteil Oberwinden. „Wir hatten nie das Gefühl, total abgeschottet zu sein“, sagt Rudi Völler, vergleicht das mit seiner eigenen Nationalspielerkarriere und lästert: „Ich bin ja ein bisschen Malente-geschädigt.“ Dort wurden die Deutschen zu Völlers aktiver Zeit über Wochen kaserniert.

Der „Schwarzbauernhof“, wie ein Geiernest hoch über dem Tal gelegen, hat nichts gemein mit der Kasernen-Atmosphäre einer Sportschule. Dennoch war Völler zufrieden mit der Arbeit. Auch wenn seine WM-Reisegruppe noch sehr unvollständig ist. Selbst seine Lehre aus den Tagen im Schwarzwald äußert Völler augenzwinkernd: „Trainingsspiele sollte man auch mal eine Minute früher abpfeifen.“ Die Verletzung von Carsten Jancker kurz vor Ende der Freitagseinheit in einem Zweikampf mit Oliver Kahn hat sich allerdings als so harmlos erwiesen, dass der Münchner auch heute Abend zur Disposition steht. Im Gegensatz zum Spiel gegen Kuwait wird Völler in seinem 20. Länderspiel als Teamchef jedoch nicht mehr drei Stürmer (Bierhoff, Jancker und Klose) aufbieten. Die Waliser gelten ihm als weitaus ernsthafterer Gegner, zumal im neuen Millennium-Stadion von Cardiff, das Völler wie auch die meisten Spieler zum ersten Mal erlebt. In der neuen, hypermodernen Arena, seit dem Umbau des Wembleystadions auch Austragungsort des englischen Cup-Finals, wird über die Spielpraxis hinaus eine Situation simuliert, die auf die deutsche Auswahl am 1. Juni beim Auftakt gegen Saudi-Arabien in Sapporo zukommen wird: eine Hallenatmosphäre mit geschlossenem Dach. Dabei wird Sebastian Deisler pausieren, der in den Tagen von Winden verschärft Trainingsrückstand abarbeitete. „Er darf jetzt nicht überziehen“, sagt Völler. Auch Deislers rekonvaleszenter Berliner Klubkollege Marko Rehmer wird heute nur zuschauen.

Dafür stößt in Cardiff mit dem Liverpooler Dietmar Hamann ein weiterer WM-Kandidat zur Mannschaft. Zudem hofft Rudi Völler inständig, dass das Leverkusener Quintett das Champions-League-Finale am Mittwoch unversehrt übersteht. Und zwar im doppelten Sinne an Leib und Seele. „Wir können nur die Daumen drücken“, sagt Völler. Die größten Sorgen muss er sich wohl um Michael Ballack machen, der sich mit einer Fuß-Prellung von Belastung zu Belastung schleppt: „Er muss jetzt noch einmalauf die Zähne beißen, dann bekommt er die Gelegenheit, sich zu kurieren, um eine tolle WM zu spielen.“

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