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Ich kann auch nichts dafür! Herthas Manager Michael Preetz in den Gängen der DFB-Zentrale in Frankfurt am Main.

© dpa

Update

Urteil vom DFB-Sportgericht: Hertha zwischen Verwunderung und Verärgerung

Einspruch abgewiesen! Hertha BSC scheitert vor dem DFB-Sportgericht, kündigt aber umgehend Berufung an. "Müssen denn erst Spieler verletzt werden?" fragt Anwalt Schickardt empört.

Sie blieben lange. Noch zwei Stunden nach Verkündung des Urteils durch das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verharrten die Verantwortlichen von Hertha BSC in einem Nebenraum in der DFB-Zentrale und berieten. Als Präsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz schließlich gegen 17.30 Uhr das Gebäude in Frankfurt am Main verließen, sagte Preetz was der Gesichtsausdruck verriet. „Wir sind enttäuscht.“ Und: „Die Begründung hat uns nicht überzeugt, es gab einige Ungereimtheiten.“ Zuvor hatte der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz den Einspruch der Berliner als „unbegründet“ zurückgewiesen und damit auch Herthas Forderung nach einem Wiederholungsspiel gegen Fortuna Düsseldorf. Die Berliner kündigten an, in Berufung zu gehen. Noch diese Woche könnte vor dem DFB-Bundesgericht neu verhandelt werden.

Auf die Frage, wie weit Hertha beim Gang durch die Instanzen gehen wolle, sagte Preetz: „Wir unterliegen grundsätzlich der Gerichtsbarkeit des DFB.“ Und deutete damit vage an, dass Hertha nach den beiden nächsthöheren Instanzen, dem Sport- und Schiedsgericht des Verbandes, nicht noch vor ein Zivilgericht oder den Internationalen Sportgerichtshof ziehen würde. Denn dann könnte sich das juristische Nachspiel über Wochen und Monate hinziehen.

Hertha vor Gericht. Die Bilder von der Urteilsverkündung am Montag:

Die Berliner empörten sich nicht nur über die Begründung des Urteils, sondern auch über die Wortwahl. Von einem „positiv besetzten Platzsturm“, von dem Lorenz gesprochen hatte, habe er noch nie gehört, sagte Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt vor etwa 50 Journalisten in die Runde der Kameras. „Die, die als Erste über den Zaun geklettert sind, waren keine Kinder.“ Sondern, so Schickhardt, Vermummte, gegen die die Polizei mit Hunden habe vorgehen müssen. Düsseldorfs Finanzvorstand Paul Jäger stand neben dem Pulk, verdrehte die Augen und winkte ab. „Ich habe zum ersten Mal erlebt, was Fremdschämen ist“, sagte er später.

In den Verfahren gegen einige Berliner Profis werde es "noch Überraschungen geben"

Schickhardt empörte sich weiter: „Müssen denn erst Spieler verletzt werden?“, fragte er in die Runde. Der Richter hatte zuvor gesagt, bei Verletzungen sei eine Annullierung der Spielwertung ein klarer Fall gewesen. „Dass es erst Verletzte geben muss, kann ich nicht verstehen“, sagte Preetz. Außerdem echauffierte sich Schickhardt über Lorenz' Formulierung, er habe Verständnis dafür, dass der Verein zum letzten Strohhalm greife und dass das Urteil für Hertha noch existenzieller sei als der Abstieg vor zwei Jahren. „Der Einspruch ist unser gutes Recht und existenzbedrohend ist die Situation nicht“, sagte Schickhardt. Zudem bemängelte er die Vorverurteilung der Spieler Kobiaschwili, Kraft, Mijatovic und Lell im Zuge der Zeugenanhörung. Alle vier sollen Schiedsrichter Wolfgang Stark verbal oder sogar tätlich angegriffen haben. In den kommenden Verfahren um mögliche Sperren für die Berliner Profis werde es „noch einige Überraschungen geben“, kündigte der Hertha-Verteidiger an.

Die chaotischen Szenen von Düsseldorf in unserer Bildergalerie:

So endete ein mit Spannung erwartetes Urteil mit emotionalem Unverständnis auf beiden Seiten. „Wir hatten gehofft, dass die Berliner ein Einsehen haben würden“, sagte der Düsseldorfer Anwalt Horst Kletke, der das Urteil „richtig in doppelter Hinsicht“ nannte, weil psychische Faktoren keine Rolle spielen sollten und der Schiedsrichter Tatsachenentscheidungen getroffen habe. „Die sollen den Ball flach halten, bei ihren Fans“, giftete Fortuna-Finanzvorstand Jäger.

Dabei hatte alles so ruhig begonnen. Einige Dutzend Journalisten hatten in der Schwüle des Frankfurter Stadtwaldes vor der DFB-Zentrale an der Otto-Fleck-Schneise zwei Stunden auf die Protagonisten gewartet. Die trafen eine Viertelstunde vor Prozessbeginn ein, die Richter, die bis zuletzt beraten hatten, einige Minuten zu spät. Die diesmal in Berlin verbliebenen Spieler hatten am Morgen nicht trainiert, sondern sportärztliche Untersuchungen absolviert. Anwalt Schickhardt schlenderte bei der Ankunft um 14.47 Uhr optimistisch in dunklem Anzug und hoffnungsvoll-grüner Krawatte in das Gebäude. Die Krawatte von Gegenbauer war spirituell-violett, wie auf höhere Einlenkung hoffen. Und die beiden Geschäftsführer Preetz und Tom Herrich gingen im Partnerlook, beide mit blau-weiß gestreifter Krawatte, beide Laptoptaschen und den gleichen maskenhaften Gesichtsausdruck tragend.

Als Lorenz das Urteil verkündete, wanderte Preetz' Blick irgendwo ins Leere. Vielleicht blickte er zurück auf eine Saison voller Tiefpunkte, die immer noch nicht zu Ende ist.

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