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Kraftvolles Pink. Andrea Petkovic bewies bei ihrem Erstrundenmatch gegen die Favoritin Nadja Petrowa Nervenstärke. Foto: dpa

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US Open: Andrea Petkovic bezwingt das eigene Ego

Andrea Petkovic stand sich oft selbst im Weg. Nun gelingt ihr bei den US Open ihr bisher größter Sieg.

Andrea Petkovic breitete ihre Arme aus und drehte sich lachend auf dem Platz um sich selbst. Bis der Drehwurm sie stoppte. Die 300 so spät am Dienstagabend noch verbliebenen Zuschauer feierten Petkovic mit stehenden Ovationen, und sie genoss jede Sekunde. Es war ein so wichtiger Sieg, den sie gerade errungen hatte. Die 22-jährige Darmstädterin hatte mit der Russin Nadja Petrowa die Nummer 16 der Welt mit 6:2, 4:6 und 7:6 in der ersten Runde der US Open bezwungen. Aber das war gar nicht mal das Entscheidende für Petkovic gewesen. Viel wichtiger war der Sieg über sich selbst.

Über die eigenen Zweifel, die sie so oft ausgebremst hatten. „Das war mein größter Sieg“, freute sich Petkovic, „ich habe heute bewiesen, dass ich es kann.“ Der süße Triumph verlangte nach etwas Besonderem, und so setzte Petkovic auf dem Court noch zu einem kleinen Tänzchen an. Neckisch schwang sie die Hüften. „Das war ganz spontan, ich hab’ das so genossen da draußen“, sprudelte es später aus ihr heraus. Sie mochte diesen Ort der Glückseligkeit gar nicht mehr verlassen. Dabei sah es lange nicht danach aus, als würde dieser Abend mit Freudentänzen enden. Denn Petrowa, die in der Vorwoche noch im Finale von New Haven stand, erwies sich als die erwartet schwere Gegnerin.

Doch Petkovic ist inzwischen als beste Deutsche die Nummer 38 der Welt. Sie hat das Zeug dazu, noch viel weiter nach oben zu kommen und die Besten zu schlagen. Nur war ihr bei diesen Ambitionen stets der eigene Kopf im Weg. Die Intellektuelle unter den Tennisprofis mit einem Abi-Schnitt von 1,1 und den vielfältigen Begabungen hat eben oft das Problem, dass sie einfach zu viel kann. Und zu viel nachdenkt.

In dieser Saison scheiterte sie denkbar knapp an einigen Topspielerinnen wie Justine Henin oder Dinara Safina. Gegen die Titelverteidigerin Swetlana Kusnezowa konnte Petkovic bei den French Open gar fünf Matchbälle nicht verwandeln. „Ich habe mich danach minutenlang gefragt: Warum ich? Warum versage ich immer? Und so habe ich das Match noch verloren“, erklärte Petkovic, „aber das passiert mir nicht noch einmal.“ Dabei lief es am Dienstagabend in Flushing Meadows zunächst genau, wie im Mai in Paris. Petkovic diktierte mit druckvollen Schlägen das Geschehen und war souverän beim eigenen Aufschlag. Doch im zweiten Durchgang wurde sie ein wenig hektisch, gab ein Quäntchen nach, was gegen eine Topspielerin schon zu viel ist. Wie sehr diese haderte, bewiesen 52 unerzwungene Fehler und nicklige Psychospielchen, wie eine plötzliche Verletzungspause oder Beschwerden über angebliche Rufe aus dem Publikum bei für sie heiklen Spielständen.

Petkovic ließ sich dieses Mal nicht beirren. „Sie hat alles versucht, mich aus dem Rhythmus zu bringen“, sagte Petkovic, „sie ist mit allen Wassern gewaschen – aber heute war es ein Eigentor.“ Denn anders als noch in Paris ärgerte sich Petkovic nicht über vergebene Chancen, blieb innerlich positiv, auch nach dem Satzverlust, und fand so ihre Sicherheit wieder. „Ich habe zum ersten Mal meinem Spiel vertraut“, sagte Petkovic. „Das war ein mentaler Durchbruch für mich.“

So sah es auch Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner: „Andrea hat alles, kann mit allen mithalten. Sie musste es nur mal umsetzen. Und sie will mehr – und das ist auch gut so.“ In der zweiten Runde gegen die US-Amerikanerin Bethanie Mattek-Sands wird Petkovic die Favoritin sein. Das ist eine ganz neue Herausforderung für sie. „Das wird schwierig“, sagt Andrea Petkovic. „Aber ich weiß jetzt, dass alles in meinen Händen liegt.“

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