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Sport: US Open: Willkommen bei den Williams-Open

Der Mond über New York war schon aufgegangen, als Venus im Tenniskosmos noch ein bisschen heller zu strahlen begann: "Ich fühle mich wie jemand, der über der Erde schwebt", sagte Venus Williams, die bei den US Open ihre sommerliche Siegesserie mit dem 6:4, 7:5-Endspieltriumph über Lindsay Davenport gekrönt hatte. Zwei Monate nach ihrem Sieg in Wimbledon gehörte der schlagstärksten Symbolfigur des neuen Powerplay auf den Courts auch unstreitig der Titel "Spielerin des Jahres 2000".

Der Mond über New York war schon aufgegangen, als Venus im Tenniskosmos noch ein bisschen heller zu strahlen begann: "Ich fühle mich wie jemand, der über der Erde schwebt", sagte Venus Williams, die bei den US Open ihre sommerliche Siegesserie mit dem 6:4, 7:5-Endspieltriumph über Lindsay Davenport gekrönt hatte. Zwei Monate nach ihrem Sieg in Wimbledon gehörte der schlagstärksten Symbolfigur des neuen Powerplay auf den Courts auch unstreitig der Titel "Spielerin des Jahres 2000". Das sieht nicht nur Tennis-Legende Billie Jean King so: "Venus ist im Moment das Beste, was es im Tennis gibt."

Der zweite große Volltreffer seiner Tochter brachte das Damentennis der vollmundigen Prophezeiung des Familienpatriarchen Richard Williams, seine Töchter würden um die Jahrtausendwende die Topturniere unter sich ausspielen, ein gutes Stückchen näher: "Wenn Serena hier nicht verletzt an den Start gegangen wäre, hätte es das Familienfinale gegeben, jede Wette", sagte die Siegerin, die am Wochenende mit der Aura eines Champions erst Martina Hingis, die Nummer eins der Weltrangliste, und dann Lindsay Davenport, die Nummer zwei der Profiserie, auf Distanz gehalten hatte. Dass der Computer der WTA-Tour sie trotzdem auch heute nicht als Erste und Beste ausspucken würde, war dem Muskelmädchen mit dem harten Punch egal: "Ich weiß, dass ich ganz oben stehe", sagte die 20-Jährige, "im Moment spiele ich paradiesisches Tennis." Selbst die hauseigene Rivalin Serena gestand: "Venus hat zurzeit das gewisse Etwas. Sie macht einen verdammt guten Job."

Dass der schrille, schräge und oft auch selbstsüchtige Familienclan die US Open inzwischen schon zu einem ganz privaten Heimspiel umfunktioniert hat, bewies gleich nach dem Finale die Gewinnerin mit ihrem Förderer und Antreiber, mit Papa Richard: Nach einer ersten glücklichen Umarmung in einer Ecke des Arthur-Ashe-Stadions führte die Teenagerin den geborenen Selbstdarsteller mitten auf den Centrecourt, wo er im Blitzlichtgewitter die Finger zu Victory-Zeichen formte, ein lässiges Tänzchen aufführte und beim Abgang noch rief: "Dies ist unsere Party". Peinlich berührt, schauten US-Verbandspräsidentin Judy Levering und Finalistin Lindsay Davenport der Seifenoper zu. Bloß gut, dass US-Präsident Bill Clinton da schon nach stundenlangem Aufenthalt im Stadion zu einem Dinner mit Gattin Hillary aufgebrochen war: "Wer weiß, was Richard noch mit ihm angestellt hätte", unkte ein Tennisfunktionär.

Doch stören und aufhalten kann die Williams-Truppe, deren Anhang in Kompaniestärke in die größte Tennisarena der Welt eingerückt war, sowieso keiner mehr: "Die Kraft und Willensstärke der Schwestern ist absolut unwiderstehlich", meinte die frühere Profispielerin Pam Shriver, "sie sind das Maß aller Dinge in diesem Sport." Auch die langjährige Ranglisten-Führerin Martina Navratilova erwartet einen "Alleingang der Williamses. Sie haben einen Standard an Fitness gesetzt, der schwer einzuholen ist". Außerdem seien beide Schwestern noch längst nicht an ihren Limits angelangt.

Das Familienunternehmen, das sich in New York von Titelverteidigerin Serena zu Venus selbst den US-Open-Titel vererbte, läuft wie geschmiert auf hohen Touren. "Es ist wahnsinnig, aber im Moment kann mich keine Spielerin aufhalten", erklärte Venus Williams, die zuletzt selbst in den brenzligsten Situationen nicht ihren kühlen Kopf verlor und mit heißem Herzen unvergessliche Aufholjagden wie im Halbfinale gegen Martina Hingis startete. Mit ähnlicher Unbeugsamkeit wie in diesem Reizduell mit der Schweizerin, als sie ein 3:5 im dritten Satz locker-leicht umbog, steckte das hünenhafte Tennis-Girlie auch einen frühen 1:4-Fehlstart im Finale weg. Der Lohn, neben dem ganzen Theater: 750 000 Dollar Siegprämie.

Jörg Allmeroth

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