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Sport: Verhinderte Naturgewalt

Serena Williams scheitert bei den Australian Open.

Melbourne - Die Tränen kullerten Sloane Stephens übers Gesicht, während die 15 000 Zuschauer in der Rod-Laver-Arena nicht aufhörten zu johlen und ihren Namen zu rufen. Die 19 Jahre alte Amerikanerin rang nach Worten. Wie sollte sie dieses Gefühlschaos auch so schnell beschreiben, das in ihr tobte. Sie hatte gerade Serena Williams geschlagen, jene Spielerin, von der in ihrem Kinderzimmer Poster an der Wand hingen. Jene Spielerin, die als unschlagbar galt. „Ich muss jetzt wohl ein Poster von mir aufhängen“, sagte Stephens schließlich und hatte ihr strahlendes Lächeln wiedergefunden, „das ist alles so verrückt.“

Diesen Eindruck konnte man nach dem Viertelfinale der Australian Open leicht gewinnen, und so mancher in der Arena schoss sicherheitshalber noch ein Foto von der Anzeigetafel, um diesen fast schon tennishistorischen Moment festzuhalten. 3:6, 7:5 und 6:4 leuchtete dort aus Sicht von Stephens auf, es war kaum zu glauben. Denn eigentlich hatte man erwartet, dass Williams dem Teenager eine kleine Lehrstunde erteilen würde. Schließlich ist Stephens zwar schon die Nummer 25 der Welt, über ein Achtelfinale bei Grand Slams aber bisher nicht hinausgekommen. Doch am Ende sagte der aufs Übelste zertrümmerte Schläger von Williams alles über ihre Stimmungslage aus. „Das waren die schlimmsten zwei Wochen meines Lebens“, fluchte sie schon auf dem Platz und fügte später hinzu: „Ich bin fast erleichtert, dass es vorbei ist.“

Die 15-malige Grand-Slam-Siegerin hatte seit Sommer einen tollen Lauf hingelegt: furiose Siege in Wimbledon und bei den US Open, dazwischen schnappte sich Williams olympisches Gold. Seit 22 Matches war sie ungeschlagen , doch in Australien sollte sie das Glück verlassen: In der ersten Runde knickte Williams um, ihr Knöchel wurde „jeden Tag dicker und dicker“, wie sie nun sagte. Dennoch hatte sie sich wie eine Naturgewalt den Weg ins Viertelfinale gebahnt.

Gegen Stephens lief es dann schon von Beginn an nicht rund, Williams bewegte sich ungewohnt schwerfällig und haderte viel. Ihr Rücken sei seit Tagen steif gewesen, klagte Williams hinterher. Den ersten Satz gewann sie trotzdem, auch weil Stephens zu passiv spielte. Das änderte sich im zweiten Durchgang, als dem Teenager das Rebreak zum 2:2 gelang. „Da merkte ich, dass ich eine Chance habe, wenn ich mutiger werde“, sagte Stephens. Und im achten Spiel passierte dann das Fatale: Williams schrie nach einem Rückhandschlag vor Schmerz auf. Der Muskel im Rücken. Auch eine Behandlungspause half nicht. „Ich hätte nicht aufgegeben, und wenn sie mich im Rollstuhl hätten rausfahren müssen“, stellte Williams. Sie wehrte sich, mit allem, was sie noch hatte. Doch das war diesmal nicht genug. Petra Philippsen

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