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Sport: Verloren beim Professor

Nowitzki unterliegt mit Dallas seinem Ex-Trainer

Spät in der Nacht, tief im Bauch der Arena, traf der Meister auf seinen Ziehsohn. Und natürlich mochte sich Don Nelson eine hämische Bemerkung nicht verkneifen. „Dirkster“, rief er, „ich denke, jetzt haben wir deine Aufmerksamkeit.“ Es ist nicht überliefert, was Dirk Nowitzki antwortete – wenn er es überhaupt tat und nicht akute Lippenlähmung vortäuschte. Gründe dafür hätte er genug. Bei der 85:97-Heimniederlage seiner Dallas Mavericks gegen den Außenseiter Golden State Warriors im ersten von maximal sieben Play-off-Viertelfinalspielen gab der Deutsche eine besonders schlechte Figur ab. Von 16 Würfen aus dem Feld traf er vier, mit 14 Punkten lag er zehn unter seinem Saisondurchschnitt.

Noch gravierender aber war jegliche Abwesenheit von Führungsstärke bei Dallas. Als mit deutlichem Abstand beste Mannschaft in den ersten 82 Saisonspielen der Profiliga NBA und als letztjähriger Finalist hätte man Zuversicht, Selbstvertrauen und vielleicht ein wenig Arroganz erwarten können von den Mavericks, stattdessen sahen sie fast ängstlich und hilflos aus. Offensichtlich hat sich die schlechte Bilanz gegen die Warriors (1:6) in ihren Köpfen festgesetzt. Zudem tat Headcoach Avery Johnson etwas, was nicht gerade von dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sprach. Statt an der bewährten Formation festzuhalten, ließ Johnson seine Center praktisch komplett auf der Bank. Ein Schuss, der nach hinten losging, den er aber in den 48 Minuten nie korrigierte.

Für seine Versuche, mit unorthodoxen Tricks den Gegner zu verwirren, ist sonst eigentlich Nelson bekannt. Seinen Ruf als „mad scientist“, verrückter Professor, verdiente er sich schon in seiner sieben Jahre währenden Amtszeit in Dallas redlich. Er war es auch, der einen schüchternen Jungen aus Würzburg bei einem texanischen Barbecue überredete, sich den Sprung aus Bayern in die NBA zu trauen. Nowitzki entwickelte sich unter Nelsons Fürsorge zu einem Top-Spieler der Liga, und beide träumten einst davon, gemeinsam Titel zu gewinnen. Doch Auseinandersetzungen mit Team-Besitzer Mark Cuban zwangen Nelson, den Stab vorzeitig an seinen Assistenten Johnson abzugeben. Der verrückte Professor und sein „German Wunderkind“ gehen seitdem getrennte Wege.

Nach einem Jahr Pause kehrte Nelson nun an die alte Wirkungsstätte zurück – und zeigte sogleich, dass er nichts verlernt hat. Die von ihm glänzend eingestellten Warriors verstanden es vorzüglich, die Schwächen des Gegners auszunutzen, vor allem Nowitzkis, den sie ständig zu zweit bedrängten und in schlechte Würfe zwangen. Aus diesem Loch konnte der sich nie befreien. Auch neben ihm war niemand in der Lage, die Führung zu übernehmen. „Der Druck lastet nun auf uns, das ist keine Frage“, sagte Nowitzki, „mit einer Wurfquote von 35 Prozent in eigener Halle werden wir das kaum hinkriegen.“ Nelson gibt sich bescheiden: „Es ist bislang nur ein Spiel, das wir gestohlen haben. Und Dirk wird nicht jede Nacht so schlecht werfen.“ Um mangelnde Aufmerksamkeit muss er sich vor der nächsten Begegnung am Mittwoch wieder in Dallas nun keine Sorgen mehr machen.

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