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Sport: Vertrauen in die Jugend

Schalke 04 setzt auf junge Torhüter

Der Kampf der Generationen im Tor des FC Schalke 04 ist klar ausgegangen. Die Jungen haben ihn gewonnen. Der Tabellenzweite geht mit dem derzeit jüngsten Torwartduo der Fußball-Bundesliga in die Rückrunde, die für Schalke heute mit dem Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt beginnt. Manuel Neuer ist 20 Jahre alt, Ersatztorhüter Ralf Fährmann zwei Jahre jünger – und auch der dritte, Dennis Lamczyk, Schlussmann der Oberligamannschaft, passt mit 19 Jahren zum Jugendstil zwischen den Pfosten.

Im Kampf um die deutsche Meisterschaft derart jungen Kräften auf dieser heiklen Position zu vertrauen, zeugt von Mut. Die Verantwortlichen aus Gelsenkirchen sagen, diese Risikofreude sei nicht etwa aus der Not geboren. Schalkes Trainer Mirko Slomka wollte es so. Vor dem Heimspiel gegen Bayern München am 5. November des vergangenen Jahres hatte der Trainer den Platz im Tor, für die Öffentlichkeit doch sehr überraschend, Neuer zugeschlagen und den renommierten Frank Rost zur Nummer zwei herabgestuft, angeblich weil dem Routinier „das Glück abhandengekommen war, auch mal einen Unhaltbaren zu halten“. Solche Bälle vermochte auch Manuel Neuer noch nicht abzuwehren, doch der erwartete Aufstand des Älteren fand nicht statt. Bis er, wie erwartet, zum Hamburger SV wechselte, gab sich Frank Rost als fairer Verlierer – vermutlich auch deshalb, weil Neuer nicht viel falsch, sondern fast alles richtig machte.

Seit Neuer Rost verdrängt hat, ist der FC Schalke 04 in der Bundesliga ungeschlagen (sechs Siege, zwei Unentschieden). Und Slomka gab zeitig zu verstehen, dass Neuer die Nummer eins bleiben werde. Mit dem Vereinswechsel machte Rost in der Winterpause schließlich den Weg frei für die ganz junge Lösung. Von all den Vorzügen Rosts, die sie beim FC Schalke 04 bis zuletzt gepriesen hatten, ist keine Rede mehr. Während der Winterpause gäbe es keinen Handlungsbedarf, hieß es. „Wir werden aktuell nichts tun. In den vergangenen Wochen hat sich Ralf Fährmann im Training und im Spiel sehr gut präsentiert und sich als Nummer zwei etabliert“, sagt Trainer Mirko Slomka.

Manuel Neuer hat im Gegensatz zu seinem zwei Jahre jüngeren Ersatzmann Ralf Fährmann aber wohl den Vorteil, dass er auf einen – für Schalke – passenden Lebenslauf verweisen kann. Schon als Vierjähriger hütete der inzwischen gut 1,90 Meter lange Neuer das Tor einer Schalker Jugendmannschaft. In der Nähe des Vereinsgeländes geboren, stand er als Fan in der Nordkurve des Parkstadions und jubelte seinem Vorbild zu. „Ich war lange vor dem Anpfiff dort, weil ich Jens Lehmann beim Aufwärmen zuschauen wollte“, erzählt Neuer. Inzwischen wird er mit großen Worten zitiert, die von seinen Vorgesetzten oder auch von manch etabliertem Mitstreiter stammen könnten. „Wenn wir an die zuletzt gezeigten Leistungen anknüpfen, können wir Meister werden.“ Der Titel ist längst kein Tabuthema mehr in der Mannschaft, schon gar nicht nach dem Vormarsch im zweiten Teil der Vorrunde. Schalke startet punktgleich mit Spitzenreiter Werder Bremen ins zweite Halbjahr.

Nebenbei haben sich Slomka und der ihm verbundene Manager Andreas Müller noch des vielleicht letzten Profis entledigt, der als Liebling des früheren Managers Rudi Assauer galt. Frank Rost jedenfalls behauptet, „unter Assauer wäre es anders gelaufen“. So aber bricht auch ganz hinten, im Tor, eine neue Zeit in Gelsenkirchen an.

War es von Anfang an das Ziel, Rost zu demontieren und anschließend zu transferieren, oder fügte sich alles aus „rein sportlichen Gründen“ nach den Wünschen der Verantwortlichen? Die Meinungen darüber sind geteilt. Wenn Schalke 04 am Ende der Saison wirklich Deutscher Meister wird, dürfte sich an diese im Winter vieldiskutierte Frage im Frühling kaum jemand erinnern.

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