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Teures Missverständnis. Diego (rechts, hier gegen den Neu-Berliner Maik Franz) kostete 15,5 Millionen Euro Ablöse.

© dapd

VfL Wolfsburg: Diego: Der kleine Künstler mit dem großen Problem

Sie lassen ihn vorerst noch mittrainieren, aber er soll für den VfL nie wieder spielen. Nach seiner Arbeitsverweigerung muss Diego den VfL Wolfsburg verlassen – wenn sich ein Käufer findet.

Von Christian Otto

Seine erste Amtshandlung nach der Sommerpause war ein Rauswurf. Dass Felix Magath keine Lust mehr hat, sich mit einem störrischen Fußballprofi wie Diego auseinanderzusetzen, überraschte gestern niemanden. Der erste offizielle Trainingstag des VfL Wolfsburg, zu dem der wegen diverser Eskapaden in Ungnade gefallene brasilianische Spielmacher pflichtgemäß noch erschienen war, diente beiden Seiten als Rechtsgrundlage für eine Trennung auf Raten. „Wir haben festgestellt, dass es besser ist, sich zu trennen“, sagte VfL-Chef Magath noch vor dem Trainingsstart. „Es ist unmöglich, weiter zusammenzuarbeiten“, ergänzte Diego mit weltmännischem Unterton. Um das Zusammenkehren des teuren Scherbenhaufens kümmern sich jetzt Anwälte und Spielerberater.

Sie lassen ihn vorerst noch mittrainieren, aber Diego soll für den VfL nie wieder spielen. Mit seiner Arbeitsverweigerung vor der Partie des 34. Spieltages bei der TSG Hoffenheim, als Magath seinen Star zunächst nur auf die Bank setzen wollte und dann miterleben musste, wie Diego beleidigt das Mannschaftshotel verließ, hat sich der Brasilianer seine Zukunft in der Bundesliga vollends verbaut. Der begnadete Künstler hat innerhalb nur einer Spielzeit sämtliche gegnerischen Fans, den eigenen Anhang und schließlich auch noch die eigenen Kollegen verärgert, weil er sich selbst zu wichtig genommen hat. Es bleiben sechs Tore, neun Torvorlagen und sieben Gelbe Karten als überschaubarer Gegenwert für eine Ablösesumme in Höhe von 15,5 Millionen Euro.

Wie schnell es Magath gelingt, seinem Machtwort einen Buchungsposten folgen zu lassen, hängt von der Höhe der Ablösesumme und der Risikobereitschaft der Konkurrenz ab. In vielen europäischen Topklubs mit Interesse an dem Brasilianer dürfte in den letzten Tagen die Erkenntnis gereift sein, dass sich der kleine Diego von einem Spielmacher mit besonderen Fähigkeiten zu einem großen Problemfall entwickelt hat. Auf die jüngsten Gerüchte, dass man ihm wegen des zwischenmenschlichen Aussetzers vor dem Hoffenheim-Spiel am 14. Mai das Gehalt um 500 000 Euro gekürzt habe, reagierte die Vereinsführung zumindest mit dem Hinweis, dass man den Spieler spürbar zur Kasse gebeten habe. Diego dagegen, der in Wolfsburg nach der Verpflichtung durch den gescheiterten Manager Dieter Hoeneß bis 2014 rund 6 Millionen Euro Festgehalt pro Jahr bekommen würde, wiegelt ab und versichert, er wisse nichts von einer Abmahnung oder einer Geldstrafe. Probleme zu verdrängen und die Dinge zu beschönigen – das war in Wolfsburg die wahre Stärke des Mannes, der zwischen 2006 und 2009 im Trikot von Werder Bremen noch die Bundesliga verzaubert hatte. Mit seinem Wechsel zu Juventus Turin aber hatte die Talfahrt des heute 26-Jährigen begonnen. Gestern räumte er zumindest ein, sich beim VfL einen Fehler erlaubt zu haben. Es war ein folgenschwerer.

Der Trainer und Personalchef Magath wird jetzt versuchen, den in seinem Stolz verletzen Diego so lange zu ignorieren und bedeutungslose Runden drehen zu lassen, bis ein Käufer gefunden ist. Um den Absturz einer Mannschaft zu bremsen, die vor zwei Jahren noch Deutscher Meister war und zuletzt trotz des Stareinkaufs um ein Haar abgestiegen wäre, greift der VfL-Boss mit der Rückendeckung des Hauptsponsors hart durch. Ein hoch bezahlter Arbeitnehmer, der sich zu Lasten der Kollegen verweigert und trotzdem kassieren darf, wäre der folgsamen Belegschaft im Volkswagen-Werk und auf dem Platz nicht zu vermitteln gewesen. Einem dominanten Trainer und Vorgesetzten wie Magath erst recht nicht.

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