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© dpa

VfL Wolfsburg: Meister – und dann?

Obwohl der VfL Wolfsburg am Wochenende seinen ersten Titel holen kann, ist die Zukunft des Klubs weiter ungewiss. Ohne den allmächtigen Erfolgstrainer Felix Magath, der nach Ende der Saison zu Schalke 04 wechselt, entsteht ein gefährliches Vakuum.

Von Christian Otto

Die Meinung von Felix Magath ist nicht mehr gefragt. Bei den Entscheidern des VfL Wolfsburg ist eine große Portion Trotz herauszuhören, wenn es um die Nachfolge-Lösung für ihren scheidenden Trainer, Manager und Geschäftsführer geht. „Die Dinge sind unterschriftsreif. Und die Meinung von Felix Magath werden wir dazu sicher nicht mehr einholen“, sagt VfL-Geschäftsführer Jürgen Marbach und meint damit vor allem die Suche des Tabellenführers nach einem neuen Trainer. Der 50-Jährige schweigt zu den vielen Gerüchten um Armin Veh und Mirko Slomka als aussichtsreichste Kandidaten, möchte aber noch in dieser Woche Vollzug vermelden. Sie werden das Rad in Wolfsburg ein wenig zurückdrehen und die Ämterhäufung unter Alleinherrscher Magath abschaffen. Sie wollen einen neuen Trainer und dazu einen Fußball-Fachmann in ihrer Führungsetage, den es neben dem abtrünnigen Magath derzeit nicht gibt. Gestern Abend beschäftigte sich der Aufsichtsrat des VfL mit der Zukunft des Klubs. Ergebnisse wurden noch nicht bekannt.

Zwei Jahre lang hatten sie Magath, den es im Sommer zu Schalke 04 zieht, mit einer Art Bundesliga-Prokura ausgestattet und ihm blind vertraut. Die Männer im Aufsichtsrat des VfL dürfen sich Top-Manager, Finanz-Experten oder Kommunikations-Strategen nennen, aber Fußball-Fachmann wohl eher weniger. Als die sportlichen Dinge noch an Magath delegiert waren, fiel dieses Dilemma nicht weiter ins Gewicht. Ohne den allmächtigen Erfolgstrainer aber entsteht ein gefährliches Vakuum.

Geschäftsführer Marbach, ein früherer Tourismus-Manager, und Stephan Grühsem, im richtigen Leben der Kommunikationschef von Volkswagen, ließen zuletzt durchblicken, dass man mit Pablo Thiam ja auch noch einen Kenner an Bord habe. Der frühere Profi war unter Magath zuletzt nicht gefragt und mit der Zuständigkeit für das U-23-Team des VfL getröstet worden. Jetzt hilft sogar Thiam dem angehenden Deutschen Meister, die Ära nach Magath möglichst unfallfrei vorzubereiten.

Es bleiben diverse Löcher, die Wolfsburg nach dem Abgang von Magath zu stopfen hat. Zwar hat Volkswagen durch Aufsichtsratssprecher Grühsem ausrichten lassen, dass es ein klares Bekenntnis des Konzerns zu erstklassigem und eben auch teurem Fußball in Wolfsburg gibt. Aber vor allem Profis wie Torjäger Edin Dzeko, die dem kleinen niedersächsischen Verein in dieser Saison so große Fußballfeste bescherten, fehlt ein Ansprechpartner mit sportlichen Visionen.

„Dzeko hat wie Grafite noch einen Vertrag bei uns. Und wir wollen beide unbedingt halten“, versichert Geschäftsführer Marbach. Er räumt aber auch ein, dass die Gespräche mit den Beratern der beiden überaus erfolgreichen Stürmer nicht mehr aufzuschieben waren. Besonders im Fall von Dzeko, der schon 25 Tore erzielt hat und mit seiner Kopfballstärke besticht, war das Interesse von Klubs wie Arsenal London, Manchester United und dem FC Chelsea nur eine Frage der Zeit. Zwar besitzt der 23-Jährige in Wolfsburg noch einen Vertrag bis 2011, dennoch lassen seine jüngsten Äußerungen daran zweifeln, ob er auch in der kommenden Saison noch für den VfL stürmen wird. „Erst wollen wir Meister werden, dann sehen wir weiter“, sagt Dzeko. Im Gegensatz zu Grafite, der gerne in Wolfsburg bleiben möchte, hält sich der Bosnier mit Treueschwüren für den VfL merklich zurück.

So schön das Fußball-Märchen auch ist: Während der VfL Wolfsburg für Sonnabend, wenn ein Punktgewinn gegen Werder Bremen zur Meisterschaft reicht, eine große Sause mit bis zu 100 000 Fans vorbereitet, läuft ihm in entscheidenden Dingen die Zeit davon. Um Dzeko und seine Berater zu beruhigen, muss schnell ein Mann her, der mit Schweißgeruch in Fußballerumkleiden aufgewachsen ist.

Als Felix Magath zuletzt tagelang schwieg und sich zu seinem durchgesickerten Wechsel nach Gelsenkirchen nicht äußern mochte, lag das auch daran, dass er sich zuerst seinem Geldgeber VW erklären wollte. „Aber dort einen Termin zu bekommen, ist nicht immer so einfach“, berichtete Magath und fügte süffisant hinzu: „Die entscheidenden Herren sind ja nicht überwiegend mit dem VfL, sondern mit VW beschäftigt.“

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