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Sport: Viele Worte, keine Taten

Trotz anhaltender Kritik bestrafen die Kollegen Schumacher für sein Manöver nicht

Vermutlich hat Michael Schumacher schon angenehmere Auslandsaufenthalte erlebt. Zwar fuhr der Ferrari-Pilot beim Qualifikationstraining zum Großen Preis von England hinter Fernando Alonso und Kimi Räikkönen auf Platz drei. Doch nach seiner umstrittenen Parkaktion beim vergangenen Formel-1-Rennen in Monaco sieht sich der Rekordweltmeister vor dem Rennen in Silverstone (Sonntag, 14 Uhr/live bei RTL und Premiere) allerlei Schmähungen ausgesetzt. Vor allem die britische Presse hat ihr Lieblingsfeindbild erfreut wieder ausgegraben. Bei ihr hat der Deutsche schon seit seinen zwielichtigen Aktionen Mitte der neunziger Jahre einen zweifelhaften Ruf. So wurde ausgiebigst Damon Hill zitiert, der seinem großen Rivalen aus jenen Tagen eine gewisse Realitätsferne unterstellen durfte. „Michael versteht nicht, warum er jetzt so viel Prügel einstecken muss“, sagte der frühere Weltmeister. „Er ist verwirrt, was ich sehr schockierend finde. Ich glaube wirklich, dass er in einer Seifenblase lebt.“ Schumacher umgebe sich mit „Jasagern“.

Nun könnte man auf die Idee kommen, auch die aktuellen Fahrer gehörten in diese Kategorie. Auf jeden Fall schreckten sie am Freitagabend davor zurück, Schumachers Stellung als Sprecher und Direktor der Fahrergewerkschaft GPDA mit einer Abstimmung in Frage zu stellen. Diese Forderung war zuvor von einigen erhoben worden. David Coulthard, einer der beiden anderen Direktoren, erklärte nur knapp: „Wir haben die Dinge geklärt.“ Alexander Wurz, nach seinen jüngsten Aussagen nur schwer als Jasager zu bezeichnen, betonte, man habe das Ganze voneinander getrennt, weil „die GPDA ja in erster Linie für Sicherheitsfragen da ist“.

Eines ist jedenfalls sicher: Das Unbehagen bei vielen seiner Kollegen über den Repräsentanten Schumacher ist trotz der ausgebliebenen Sanktionen längst nicht gewichen. Jacques Villeneuve trat gar aus der Vereinigung aus: „Ich möchte von so jemandem nicht repräsentiert werden.“ Nach wie vor gehen fast alle davon aus, dass die Blockadeaktion in Monte Carlo absichtlich erfolgt war. Auch der frühere Mercedes-Chef Jürgen Hubbert: „Ich interpretiere das als den Versuch, noch einmal den WM-Titel zu gewinnen und vielleicht als Weltmeister aufzuhören. Aber ich habe kein Verständnis dafür.“ Er habe immer ein gutes Verhältnis zu seinem früheren Angestellten gehabt, aber „das würde ich ihm auch ins Gesicht sagen. So etwas ist einfach nicht gut für den Sport.“

Dass Schumacher nicht von seinen Kollegen abgestraft wurde, hat er vermutlich seinem letzten Fürsprecher im Fahrerlager zu verdanken. Coulthard macht seit dem Vorfall deutlich Stimmung für Schumacher: Die GPDA könne es sich nicht leisten, den Deutschen abzulösen. Außerdem war Hauptkritiker Mark Webber erst gar nicht zum GPDA-Treffen erschienen. Der Australier hatte sich zuvor unter vier Augen mit dem Deutschen ausgesprochen. „Michael habe ich meinen Teil gesagt, aber ich werde nicht öffentlich darüber reden“, sagte der Williams-Pilot. Das Zögern erklärt sich auch aus ein paar diffizileren Hintergründen der GPDA: Schumachers Einsatz in Sicherheitsfragen ist unbestritten, sein starker Einfluss auch. Zudem ist die interne Machtbasis, die er sich durch sein Engagement aufgebaut hat, groß. Er finanziert das GPDA-Büro in Monaco und fliegt schon mal mit seinem Privatjet zu einer Kursinspektion, ohne das als Spesen in Rechnung zu stellen.

Vielleicht aber klärt sich die Frage nach der Loyalität seiner Kollegen für Schumacher auch erst Ende August. Beim Rennen in Istanbul stehen dann turnusmäßig die Neuwahlen der GPDA-Direktoren an. Coulthard deutete an, dass es dort zu Veränderungen kommen könnte, „ganz normal und regulär“.

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