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Sport: Was zu beweisen wäre

Warum die Debatte um den Fernsehbeweis nicht enden wird

Berlin. Selbst Hertha-Manager Dieter Hoeneß wollte nicht von einer Fehlentscheidung sprechen, aber da war die Diskussion schon längst in vollem Gange. Die Diskussion um den Fernsehbeweis. Für Hoeneß war es eine Frage der Perspektive, ob man entscheiden könne: War der Ball im Spiel gegen den HSV hinter der Torlinie oder nicht? Um eine gute Perspektive zu haben, findet beispielsweise DFB-Schiedsrichter Eugen Strigel, sei aber die Einführung des Fernsehbeweises eine gute Ergänzung zu den Schiedsrichterentscheidungen. „Allerdings nur, wenn es technisch eine hundertprozentig sichere Methode gibt“, fügte Strigel einschränkend hinzu.

Und das mit der Technik ist so eine Sache. Strigel erinnert an das Beispiel aus der englischen Premier League, in der bereits lange an einem elektronischen System zur Torerkennung gearbeitet worden sei. Letztlich scheiterte das ganze Projekt aber an den, wie Strigel sagt, „unverhältnismäßigen Kosten und der technischen Unausgereiftheit“.

Was fehlt ist anscheinend nur ein pfiffiges Unternehmen und ein potenter Sponsor – denn dass sich in Deutschland die meisten Beteiligten einig sind, hat die Vergangenheit gezeigt. 1996 hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) einen Antrag bei der Fifa gestellt, Entscheidungen nationaler Verbände auf der Basis von Fernsehaufzeichnungen zu akzeptieren, so lange ausschließlich der nationale Spielbetrieb betroffen ist. Dieses Vorhaben wurde jedoch mit 129 zu 40 Stimmen abgelehnt.

Hintergrund der auch von den Niederlanden und Luxemburg unterstützten Eingabe war das so genannte Phantom-Tor. Thomas Helmer hatte 1994 im Bundesligaspiel des FC Bayern München gegen den 1. FC Nürnberg den Ball mit der Hacke am Tor vorbeigespitzelt – und der Schiedsrichter hatte auf Tor entschieden. Damals war die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters Hans-Joachim Osmers aufgrund der Fernsehbilder verworfen worden. Das DFB entschied, dass das Spiel wiederholt werden musste, was die Fifa heftig kritisierte.

Die Strafermittlung nach Foulspielen wird von der Fifa-Entscheidung nicht beeinflusst. Bei Foulspielen spielt der Fernsehbeweis bereits seit längerem eine wichtige Rolle. Erstmals wurde bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1994 in den USA der Fernsehbeweis herangezogen. Der Italiener Mauro Tassotti brach dem Spanier Luis Enrique abseits vom Geschehen im Viertelfinale das Nasenbein. Der Schiedsrichter hatte das Foul nicht bemerkt. Nach der Auswertung der Fernsehaufnahmen sperrte die Fifa Tassotti für acht Spiele. Die erste Sperre in der WM-Geschichte, die auf einem Fernsehbeweis basierte.

Was die Debatte in Deutschland angeht, mahnt Schiedsrichter Eugen Strigel zu Gelassenheit. Sein Argument: „Man muss doch bedenken, dass es in einer Saison höchstens zu einer Fehlentscheidung dieser Art kommt.“ Und bei der nächsten umstrittenen Szene wird ganz bestimmt wieder von vorne diskutiert.

Hans-Benjamin Steffen

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