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Sport: Wenn sich zwei streiten

Benedikt Voigt über die lukrativen Folgen des Zickenduells Wer will schon überspannt, launisch, eigensinnig, ziemlich prüde und verklemmt sein? Mit diesen Attributen verbindet der Duden das Wort „zickig“.

Benedikt Voigt über die lukrativen

Folgen des Zickenduells

Wer will schon überspannt, launisch, eigensinnig, ziemlich prüde und verklemmt sein? Mit diesen Attributen verbindet der Duden das Wort „zickig“. Doch irgendeine Entwicklung muss das Wörterbuch verpasst haben, oder warum laufen immer mehr Mädchen mit einem TShirt herum, auf dem „Zicke“ steht? Zicke heißt offensichtlich auch: Coolness, Selbstbewusstsein, Frechheit – und seit gestern auch Reichtum.

Es lohnt sich, eine Zicke zu sein. Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein unterzeichnete einen Sponsorenvertrag mit einem Automobilhersteller, der ihr in den nächsten vier Jahren schätzungsweise eine Million Euro einbringen dürfte. Bekannt wurde sie durch den Doppelolympiasieg von Salt Lake City – am meisten aber durch die zeitgleiche „Zickenduell“-Berichterstattung der Boulevardzeitungen. Eigentlich also verdankt Pechstein ihre Prominenz Anni Friesinger. Jenem Widerpart, den sie überhaupt nicht leiden kann. Auch Freisinger profitiert vom Ruhm des Streits, auch sie besitzt inzwischen einen Vertrag mit einem Automobilhersteller. Die Damen haben erfolgreich ein Prinzip der Mediengesellschaft bedient. Zu zweit geht es besser, wie Gerhard Delling und Günter Netzer, Harald Schmidt und Manuel Andrak, Marianne und Michael beweisen. Wird eine öffentliche Beziehung mit sportlicher Konkurrenz und persönlicher Abneigung gewürzt, greifen Medien und Sponsoren zu. Sogar bei einer so unspektakulären Sportlerin wie Claudia Pechstein.

Das ist das Bemerkenswerte an ihrem Werbevertrag. Die extrovertierte Friesinger ist schon länger ein Liebling der Sponsoren, die zurückhaltende Berlinerin fiel hingegen eher durch seltsame Werbeaktionen in eigener Sache auf. Pechstein gehorchte ihrem Management und hechelte von einer Aktion zur nächsten. Das begann, als sie sich nach dem vierten Olympiasieg eine schwarz-rote Perücke aufsetzte. „Mopp auf’m Kopp“, spottete die „Süddeutsche Zeitung“. Mit dem Blödelbarden Stefan Raab lieferte sie sich ein Eisschnelllauf-Rennen, beim Christmas-Boccia gab sie den wichtigen Startschuss. Es hat sich gelohnt. Inzwischen glauben die Sponsoren, dass Pechstein eine Person ist, die in der Öffentlichkeit steht, und nicht eine, die in der Öffentlichkeit stehen muss, um Sponsoren zu akquirieren.

Inzwischen sagt Friesinger, dass die Zicken-Nummer auslaufe. Am kommenden Wochenende bei den deutschen Eisschnelllauf-Meisterschaften ist das sportliche Duell tatsächlich fraglich, weil Friesinger kränkelt. Dennoch wird es schwierig. das einträgliche Image wieder abzulegen. Einmal Zicke, immer Zicke. Die Sponsoren werden schon dahinter sein.

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