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Sportwetten, Wettprozess, Wettskandal, Manipulation, Fußball

© dpa

Wettprozess: Aufstellung mit Falschspielern

Ein unangenehmes Detail nach dem nächsten kommt vor dem Bochumer Landgericht zum Vorschein, wenn die Angeklagten über ihre Manipulationen berichten. Der Wettprozess in Bochum zeigt, dass der Fußball sich nicht gegen Manipulation schützen kann.

Berlin - An jedem Prozesstag wird der Fußball durch den Dreck gekickt. Ein unangenehmes Detail nach dem nächsten kommt gerade vor dem Bochumer Landgericht zum Vorschein, wenn die vier Angeklagten über ihre Manipulationen berichten. Es geht um Spieler, die Elfmeter oder Rote Karten provozieren wollten, um dafür eine Prämie zu kassieren. Um bestechliche Schiedsrichter. Um korrupte Funktionäre. 200 Spiele in ganz Europa sollen betroffen sein.

In einem anderen Zusammenhang sind jetzt auch das Bundesligaspiel zwischen Bochum und Cottbus aus der Saison 2008/2009 und das Qualifikationsspiel zur WM in Südafrika zwischen Liechtenstein und Finnland im September 2009 unter Verdacht geraten. Die Fußballverbände verhalten sich jedoch merkwürdig ruhig, und wenn es dafür eine plausible Erklärung geben kann, dann diese: Der Wettprozess zeigt, dass sich der Fußball nicht gegen Manipulationen schützen kann. Und dass auf jeder Handlungsebene Gefahren lauern.

Die Spieler

Am Mittwoch erzählte der mutmaßliche Wettbetrüger Marijo C. dem Landgericht Bochum von Spielern, die selbst Manipulationen angeboten hätten. Es waren vor allem Spieler, die selbst auf Fußballspiele wetten und dabei eine Menge Schulden angehäuft hatten. In diesem illegalen Wettmilieu entstehen so Abhängigkeiten.

Doch betroffen sind nicht nur Spieler, die im Spätherbst ihrer Karriere noch einmal alles an Geld mitnehmen wollen, was sie bekommen können und im fortgeschrittenen Fußballalter nicht mehr viel zu verlieren haben. Auch Juniorenspieler haben mitgemacht, als es ums Betrügen ging. Die Belohnungen für ihre Manipulation sind, verglichen mit einem Profigehalt, überschaubar. 5000 Euro ist eine durchschnittliche Bezahlung. Das legt nahe, dass es um mehr als um Geld geht. Um den Nervenkitzel, sich nicht erwischen zu lassen, um eine bestimmte Mentalität.

Die Wettanbieter

Die Diskussion befindet sich in der heißen Phase, bei welchen Anbietern in Deutschland künftig legal gewettet werden darf. Nur beim bisherigen Monopolisten Oddset? Oder auch bei privaten Anbietern, die gegen Auflagen und Abgaben eine Lizenz vom Staat erkaufen können? Es geht dabei vor allem ums Geld. Gerade der Profisport wünscht sich die Öffnung des Marktes und hofft auf 300 Millionen Euro Mehreinnahmen, wenn private Anbieter auf ihren Trikots und Banden werben. Der Breitensport klammert sich dagegen an Oddset und fürchtet den Wegfall von Einnahmen.

Mit einem neuen Modell wirbt Oddset nun um die Unterstützung der Landesregierungen, die im März eine Entscheidung über die Zukunft des Glücksspiels in Deutschland treffen wollen. Die Manipulationsgefahr wird jedoch weder ein Beibehalten des Monopols, noch die Öffnung des Markts verringern können. Schon beim Betrugsfall des Schiedsrichters Robert Hoyzer hatten die Hintermänner auch bei Oddset Wetten platziert. Und viele Wetter werden auch weiterhin ihr Spiel auf dem Schwarzmarkt machen, bei Internet-Anbietern aus Asien, die auch unterklassige Spiele anbieten und keinerlei Interesse haben, einen Manipulationsverdacht an eine Kontrollinstanz weiterzugeben. So dreht sich die Diskussion um die Zukunft der Sportwetten einzig darum, wer künftig welches Stück vom Kuchen bekommt.

Die Verbände

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) schickt auch weiterhin seine Beobachter an jedem Prozesstag ans Landgericht Bochum. Viel Mehr kann er auch nicht tun. Paragraphen, die Spielern und Schiedsrichtern das Wetten verbieten, hatte der DFB schon nach dem Fall Hoyzer eingeführt. Die Ermittlungen in den aktuellen Betrugsfällen hat die Staatsanwaltschaft Bochum ohne den Sportverband durchgeführt – auch in der Befürchtung, dass weitere Mitwisser ihre Arbeit behindern könnten. Der DFB hat diese Rolle nun angenommen und betont regelmäßig, dass ihm eigene Mittel zur Aufklärung fehlen. Ein Sportverband könne schließlich keine Telefone überwachen.

Dem Verband dürfte es jedoch sehr recht sein, dass der Bochumer Prozess bislang nicht regelmäßig Tagesgespräch ist. Manipulation gefährdet schließlich den Wert der Ware Fußball. Dass die Sportwette einen guten Kern habe, das versuchte im Sommer schon das Internationale Olympische Komitee zu verbreiten. In einem Grundsatzpapier hieß es: „Sportwetten bringen die Bindung der Öffentlichkeit an den Sport und die Athleten zum Ausdruck.“ Und: „Sportwetten ist eines der wichtigsten Mittel, um den Sport zu finanzieren.“

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