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Sport: Wie der Löwen-Trainer mit seiner Rücktrittsdrohung den TSV 1860 München ins Chaos stürzte

In der italienischen Komödie gab es einst den Harlekin, der seine Possen trieb und den keiner ernst nahm. Vergleiche zu lebenden Personen sollen hier nicht gezogen werden, auch wenn das Stück "Werner Lorant gegen den DFB" mittlerweile ein Lustspiel in unzählbaren Akten geworden ist.

In der italienischen Komödie gab es einst den Harlekin, der seine Possen trieb und den keiner ernst nahm. Vergleiche zu lebenden Personen sollen hier nicht gezogen werden, auch wenn das Stück "Werner Lorant gegen den DFB" mittlerweile ein Lustspiel in unzählbaren Akten geworden ist. Was schon deshalb jede Form sprengt, da sich ein jedes herkömmliche Drama glücklicherweise auf fünf Akte beschränkt. Dass sich der Fußballtrainer des Bundesligaklubs TSV 1860 München mittlerweile stündlich weiter davon entfernt, noch ernst genommen zu werden, scheint ihn kaum zu stören. Nach dem Urteil des DFB-Sportgerichts am Dienstag, trat er wieder mal zurück um wenig später wieder mal zu dementieren. Auch der TSV 1860 zog seinen Protest gegen das Urteil gestern still und leise zurück.

Schon vor der Verhandlung vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hatte er sich zwei Wochen lang sich fröhlich widersprochen. Am 30. Oktober wurde er beim Spiel in Leverkusen auf die Tribüne beordert. Er soll Schiedsrichter-Assistenten Thomas Frank mit den Worten bedacht haben. "Ihr seid alles Würste. Ihr habt uns mal wieder beschissen". In der Folge verkündete er erst böse drohend, er werde sofort zurücktreten, sollte er deshalb wieder eine Strafe erhalten. Das klang dann bald so: Er werde zurücktreten, wenn er bestraft würde, aber wenn die Mannschaft geschlossen hinter mit stünde, werde er sich noch mal überlegen. Das tat die Mannschaft natürlich, und es war bald klar, dass Lorant auch bei einer Strafe im Amt bleiben würde.

Dann kam am vergangen Dienstag das Urteil, und das war hart. Weil die Fernsehbilder entlarvten, dass Lorants Darstellung der Ereignisse der Wahrheit nicht nahe kam (er habe die Mannschaft gemeint) und man den Aussagen von Thomas Frank glaubte, wurde Lorant zu einer Geldstrafe von 25 000 Mark verurteilt und muss sich zwei Spiele von der Tribüne aus ansehen. Die härteste Strafe gegen einen Bundesligatrainer überhaupt. Hart, aber nicht ganz unerwartet, schließlich gilt Lorant als Wiederholungstäter, es war seine vierte Strafe. Entlastung, wie von Lorant erhofft, kam auch nicht von Sat 1. Ein Kameramann des Fernsehsenders hatte Lorant in Leverkusen 90 Minuten lang gefilmt. In der 65. Minute des Spiels sei auf dem Band deutlich zu sehen, wie er zum Assistenten Thomas Frank spricht. Dem Vernehmen nach ging es in diesem Gespräch auch Würste. 1860-Anwalt Christoph Schickhardt, der zunächst noch gepolter hatte, das Urteil werde "von jedem Revisionsgericht in der Luft zerrissen", zog seinen Berufungsantrag schnell zurück.

Am Mittwoch dann vertraute sich Lorant dem Fachorgan "kicker" an: "Jetzt ist Schluss. Nach diesem Urteil kann ich nicht mehr als Bundesligatrainer arbeiten. Da laufe ich Gefahr, nach jedem Spiel gesperrt zu werden. Ich werde nach Spanien fahren und dort meine Zukunft planen. Ich höre bei den Löwen auf." Das war deutlich. Eigentlich.

Und Lorant schien tatsächlich ernst zu machen, das Mannschaftstraining leitete am Mittwoch Co-Trainer Peter Pacult. "Aber nur, weil Werner Lorant sich mit Präsident Karl-Heinz Wildmoser besprach", sagte Pressesprecherin Claudia Leupold gestern. Da hatte auch Werner Lorant die Mannschaft schon wieder trainiert und wollte von seinen Äußerungen gegenüber dem "kicker" nichts mehr wissen. Die Pressestelle teilte mit: "Ein Rücktritt ist kein Thema. Werner Lorant bleibt Trainer des TSV 1860."

Wie lange das gilt, weiß nur Werner Lorant. Oder vielleicht auch nicht. Übrigens: Der Harlekin ist aus dem ernsthaften Schauspiel der deutschen Aufklärung ersatzlos gestrichen worden.

Detlef Dresslein

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