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Sport: Wie eine Golfpartie

Wladimir Klitschko schlägt Ray Austin nach vier Minuten k.o. und will jetzt gegen Walujew boxen

Ein echter Box-Champion wie Wladimir Klitschko lässt sich auf keine Spielereien ein. Schon gar nicht, wenn der aufgezwungene Pflichtherausforderer um die Weltmeisterschaft des Verbandes IBF vorher ein großes Maul hat und ein Mann von Don King ist. „Klitschko hat ein weiches Herz und ein schwaches Kinn. Ich werde ihn k.o. schlagen“, hatte Ray Austin seinen Herrn und Meister King auf der ersten Pressekonferenz nachgeäfft. Wladimir Klitschko brauchte nur an die eigene bittere Erfahrung einst gegen Corrie Sanders zu erinnern, um vor Augen zu haben, wie schnell es im Schwergewicht einschlagen kann. „Alle wissen, was damals gegen das ,Fallobst‘ passierte. Ich habe Sanders komplett unterschätzt und bin in die Falle gelaufen.“

Also ging diesmal andersherum alles ganz schnell. Nach einer Runde Abtasten mit einem ängstlich in der Luft herumfuchtelnden Gegner machte ein ungewohnt geschmeidig und schnell wirkender Wladimir Klitschko Ernst. Ein linker Haken an den Kopf eröffnete den Niedergang. Drei weitere Schläge dieser Güte brachten Austin dem Ringboden näher. Der fünfte linke Haken war nur noch ein Luftloch, weil der Amerikaner bereits vornübergekippt war. Das Bemühen, wieder aufzustehen, reichte nur, um bis auf die Knie zu kommen. Da zählte ihn Ringrichter Eddie Cotton bereits aus. Den auf einen Amboss hämmernden Schmied beim „Walk-in“ als Symbol für „Dr. Steelhammer“ hätte sich RTL bei seiner peinlich übertriebenen Drumherum-Show sparen können, denn der rechte „Stahlhammer“ schlug kein einziges Mal zu.

Dennoch hatte der 30 Jahre alte Klitschko nach 1:27 Minuten der zweiten Runde seinen 51. Profikampf gewonnen, den IBF-Titel pflichtgemäß verteidigt. Es war auch ein K.o. gegen Don King. Der Marktschreier mit der Starkstromfrisur, der sonst keine Gelegenheit auslässt, sich mit seinem nervenden Klamauk zu inszenieren, kam mit seinem Tross, also auch Austin, nicht zur Pressekonferenz. Der Mann hat eben keinen Stil.

Vor den Medien wünschte sich der IBF-Boxweltmeister, der makellos aussah wie nach einer Golfpartie, nichts sehnlichster, als den Vereinigungskampf mit dem russischen Riesen Nikolai Walujew, den Gegenweltmeister der WBA. Doch Klitschko weiß auch, wie schwierig das Zustandekommen ist. „Es ist ein Pokerspiel. Ich weiß nur, dass auch Nikolai diesen Kampf will. Aber ein Kampf im Ring ist leichter als so einen Deal abzuschließen.“ Außerdem: Don King wäre dann wieder im Spiel, Walujews amerikanischer Promoter. „Man kann sich also vorstellen, wie schwierig die Verhandlungen sein werden“, sagte Klitschko, setzt aber auf Walujews deutschen Promoter Wilfried Sauerland, der mit King zusammenarbeitet. „Trotz aller Politik wird der Druck in der Öffentlichkeit helfen, dass dieser Kampf zustande kommt.“ Vorher freilich muss auch Walujew erst einmal seine Pflicht erledigen, am 14. April in Stuttgart gegen den Usbeken Ruslan Tschagajew.

Wenn die 15 000 Zuschauer in der ausverkauften SAP-Arena enttäuscht waren, dann weniger, weil sie viel Geld für viereinhalb Minuten Boxen ausgegeben hatten. Bei einer Schwergewichts-Weltmeisterschaft muss man immer mit einem Blitz-K.o. rechnen. Das Rahmenprogramm mit sogenannten Profiboxern aus der Münchner Boxfabrik bot null Unterhaltung und hätte in die Kirmesbuden auf dem Mannheimer Markt gehört.

Hartmut Scherzer[Mannheim]

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