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Sport: Wie früher – nur schwerer

Ehemalige Formel-1-Stars steigen wieder ins Auto

Nigel Mansell ist noch ein wenig runder geworden. Schon zu seiner aktiven Zeit war der Formel-1-Weltmeister von 1992 nicht gerade ein Modellathlet; 1995 hatte er zwei Rennen nicht bestreiten können, weil er nicht ins Cockpit passte. Nun, mit 53 Jahren, hat er noch ein, zwei Kilo draufgepackt, doch Probleme mit dem Einstieg in sein Rennauto hat er nicht mehr. Sein Gefährt gehört zur Serie der „GP Masters“, die auf die Besonderheiten ihrer in die Jahre gekommenen Protagonisten Rücksicht nimmt. Mit Ausnahme von Christian Danner und Riccardo Patrese kommen die meisten der 16 ehemaligen Formel-1-Fahrer nicht mehr mit ihrem Idealgewicht an die Strecke, wenn sie ein paar Mal im Jahr in identischen 600-PS-Rennern ihre Runden drehen wie jetzt in Silverstone. Nigel Mansell ist der prominenteste Teilnehmer dieser Altherrenrunde. Im nächsten Jahr möchten die Masters sechs bis sieben Rennen austragen, Bernie Ecclestone hat ihnen ein bis zwei Rennen im Rahmenprogramm der Formel 1 angeboten.

Während dieser Zusammenkünfte steht bei den Egoisten der Vergangenheit vor allem der Spaß im Vordergrund. Eine halbe Stunde im GP-Masters-Fahrerlager reicht, um das zu erkennen. „So eine Kameradschaft hatten wir in unserer aktiven Zeit nie“, sagt Patrick Tambay, der es inzwischen auf 109 Kilo bringt. „Man müsste mal in unseren Unkleideraum ein Mikrofon einschmuggeln.“

Man zieht sich nicht nur gemeinsam um, man isst auch gemeinsam, man trifft sich abends zum Bowling-Match, und selbst dort, wo eigentlich im Rennsport härteste Konkurrenz herrscht, wird zusammengearbeitet. Es herrscht freier Datenaustausch zwischen allen Teams und Fahrern, jeder kann sehen, was der andere macht, wo er wie viel Gas gibt, wo er bremst. Hans-Joachim Stuck zum Beispiel stellte im Training fest: „Mansell nimmt mir beim Bremsen Zeit ab, da muss ich wohl noch etwas ändern.“

Denn bei allem Spaß sind die meisten durchaus mit Ehrgeiz dabei. Emerson Fittipaldi, der Weltmeister von 1972 und 1974, ließ sich vor dem Rennen seine berühmten Koteletten wieder auf Hippielänge wachsen. „Vielleicht bringt das ja auch den alten Speed wieder“, hoffte der Brasilianer. Christian Danner dagegen fand es „schon schön, wenn man jetzt auf gleichen Autos mal zeigen kann, wo man auch gegen ehemalige Weltmeister steht“. Zu seiner aktiven Zeit hatte er diese Chance nie erhalten und sich mit zweitklassigem Material begnügen müssen. Der Deutsche sicherte sich in Silverstone auch prompt die Poleposition, doch ein Dreher warf ihn weit zurück, ehe er sich mit einer äußert eindrucksvollen Aufholjagd noch auf Platz drei hinter Sieger Eddie Cheever aus den USA und dem Belgier Eric van de Poele vorkämpfte. „Gewonnen habe ich zwar nicht, aber ich war der Schnellste“, sagte Danner.

Gar nichts lief freilich bei Superstar Mansell, dem Sieger der beiden ersten Rennen. Ausgerechnet in Silverstone, wo der Brite die größten Stunden seiner Karriere erlebt hatte, zeigte er diesmal eine Ansammlung Ausrutscher. „An meinen Auto stimmte nichts“, sagte er, „aber ich sollte einen Preis für die meisten Dreher kriegen.“ Zunächst einmal wird er sich mit den 500 000 Dollar begnügen müssen, die er angeblich pro Start kassiert. Ganz so viel verdienen die anderen nicht, aber 100 000 pro Wochenende kann man wohl schon mitnehmen.

Manches ändert sich, Spaß hin oder her, freilich nie: Kommt ein Kollege in die Quere, dann fliegt schon mal die Faust aus dem Cockpit. Und auch manche Leute ändern sich wohl nie. Der gewiefte Taktiker Alain Prost etwa, der ursprünglich auch mitfahren wollte, dann aber ausstieg, weil er befürchtete, Mansell bekomme als Zugpferd des Ganzen ein besseres Auto als der Rest. Prompt lästerten Kollegen, Prost pflege „die gleiche Paranoia, die er schon immer hatte“. Aber auch ohne den vierfachen Champion ist die Liste der Anwärter lang. „Johnny Herbert versucht jedes Mal, seinen Pass zu fälschen, damit er endlich 45 ist“, sagt Danner. „Jean Alesi muss auch noch zwei Jahre warten. Es gibt aber eine Masse an Fahrern, die langsam in die 40er kommen und hierher wollen.“ Denn mögen Jahre und Kilogramm auch zunehmen, Emerson Fittipaldi ist überzeugt: „Wir haben alle noch eine große Zukunft als Rennfahrer.“

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