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Ab ins Meer. Vorjahressieger Karl Geiger springt den Zuschauern in Willingen entgegen.

© Imago/Eibner

Skispringen feiert 25-jähriges Jubiläum: Wie sich Willingen zum Kult-Weltcup entwickelt hat

Willingen hat ganz neue Zuschauerschichten für den Skisprung-Zirkus erschlossen. Abseits der Dauerparty ist aber auch der sportliche Wert immens.

An der „größten Großschanze der Welt“ wird dröhnende Ballermann-Musik gespielt, die knapp 1500 freiwilligen Helfer nennen sich „Free Willis“ und es gibt sogar eine Skisprung-Salami. Das anstehende Skisprung-Wochenende in Willingen ist anders als die ganz normalen Weltcup-Stationen der Flieger.

Das Kult-Event im Herzen von Deutschland, an der Grenze von Hessen und Nordrhein-Westfalen im Rothaargebirge, ist deshalb für viele Skisprung-Stars das Highlight im gesamten Winter. 25 Jahre ist das schon so, von Freitag bis Sonntag wird Jubiläum gefeiert. Dabei waren die Zweifel groß, bevor 1995 erstmals die besten Flieger der Welt nach Willingen kamen.

„Andere Weltcup-Orte können sich an Willingen ein Beispiel nehmen“

Schließlich hatte sich der Ort im Waldecker Upland rund um den berühmt-berüchtigten Sauerland-Stern zuvor ausschließlich einen Ruf als Party-Hochburg für trinkfreudige Kegelklubs oder Fußballvereine gemacht. Doch die Organisatoren des örtlichen Skiklubs überzeugten bei der Premiere neben im Skispringen neuen Party-Elementen auch mit einer sensationellen Organisation mit Herz.

Unglaubliche 35.000 Zuschauer sahen den Sieg des Österreichers Andreas Goldberger und feierten anschließend im riesigen Partyzelt. Und der fünftplatzierte Olympiasieger Jens Weißflog schwärmte: „Andere Weltcup-Orte können sich an Willingen ein Beispiel nehmen.“ So ist es in den zweieinhalb Jahrzehnten seitdem geblieben.

2000 wurde für damals zehn Millionen D-Mark eine neue, spektakuläre Großschanze gebaut. Sie ist bei den Skispringern auch deshalb beliebt, weil sie fast an eine Flugschanze erinnert – der Schanzenrekord von Janne Ahonen (Finnland) und Jurij Tepes (Slowenien) liegt bei 152 Metern. Die Stimmung an der Mühlenkopfschanze ist ohnehin unvergleichlich – im vergangenen Winter kamen 56.800 Zuschauer zu den drei Flugtagen. „Willingen ist das Las Vegas unter den Skisprungwettkämpfen: exotisch, laut und verrückt!“, hat der Schweizer Skisprung-Star Andreas Küttel einmal treffend gesagt.

Siegerjubel. Karl Geiger gewann 2019 in Willingen.
Siegerjubel. Karl Geiger gewann 2019 in Willingen.

© dpa

Das hängt auch damit zusammen, dass in Willingen ganz neue Zuschauerschichten für den sonst ausschließlich in echten Wintersport-Regionen gastierenden Skisprung-Zirkus erschlossen werden. Viele Fans kommen aus dem nur eineinhalb Autostunden entfernten Ruhrgebiet, Frankfurt/Main oder den Niederlanden. Und feiern über das Wochenende eine Dauerparty inklusive Flugshow.

„Willingen ist für mich das Nonplusultra, wenn man einem Fremden Skispringen nahe bringen möchte. Was dort teilweise Unmögliches möglich gemacht wird, findet keinen Vergleich im kompletten Weltcupkalender .. und ich habe noch nicht einmal die Stimmung und Party mit eingebunden“, sagt Sven Hannawald. Die Skisprung-Legende feierte 2002 und 2003 zwei der insgesamt sechs deutschen Einzel-Siege in Willingen.

Im vergangenen Winter gewann Karl Geiger in Willingen

Im vergangenen Winter triumphierte Karl Geiger hier, der am kommenden Wochenende gern die verlorene Weltcup-Führung vom 63 Punkte enteilten Österreicher Stefan Kraft zurückerobern möchte. „Ich komme natürlich mit tollen Erinnerungen. Willingen ist einfach ganz speziell“, sagt Geiger. Zweiter großer deutscher Hoffnungsträger ist diesmal Stephan Leyhe, der am vergangenen Wochenende als Zweiter in Sapporo zum zweiten Mal in seiner Karriere aufs Weltcup-Podest flog.

Für den 28-Jährigen ist Willingen das Heimspringen, er stammt aus dem Ortsteil Schwalefeld: „Das wird sehr emotional für mich. Ich bin in guter Form und man wird sehen, was ich dort erreichen kann.“ Als besonderen Anreiz gibt es in diesem Jahr wieder ein Extra-Preisgeld von 25.000 Euro für den Sieger von „Willingen Five“.

In die Gesamtwertung des Weltcup-Wochenendes fließt neben den vier Wettkampfsprüngen am Samstag und Sonntag auch der Qualifikations-Durchgang am Freitag ein. Nur zum Vergleich: Der Pole Dawid Kubacki kassierte für seinen Gesamtsieg bei der legendären Vierschanzentournee vor einem Monat nur 20.000 Euro. Bundestrainer Stefan Horngacher: „Willingen ist einfach Skisprung-fanatisch ohne Ende.“ (dpa)

Erik Otto

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