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Sport: „Wir fördern nicht mehr alles“

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit über das Istaf, die Sparpolitik des Senats und Positionen, bei denen nicht gekürzt werden darf

Sie haben die Leichtathletik-Europameisterschaften in München besucht. Waren Sie neidisch auf diese mitreißende Veranstaltung? Berlin hat ja den Zuschlag für die WM 2005 nicht erhalten.

Es war schon ein tolles Fest. Zwei Tage lang war ich in München und habe die Begeisterung im Stadion gespürt. Da kam mir natürlich auch der Gedanke, wie traurig es ist, dass wir die Leichtathletik-WM 2005 nicht nach Berlin holen konnten.

Wollen Sie es noch mal versuchen?

Wir stehen weiterhin bereit und werden uns auch gern noch einmal bewerben. Wir haben eine solide Bewerbung abgegeben und hinter Helsinki einen guten zweiten Platz belegt. Dafür muss man sich nicht schämen.

Das nicht. Aber diese Niederlage hatte peinliche Nebeneffekte. Ein Fax, das urplötzlich in Nairobi eintraf, in dem Politik und Wirtschaft wüst beschimpft wurden…

Das waren Auseinandersetzungen innerhalb der alten Istaf GmbH, das spielte sich außerhalb der Politik ab. Wir haben vor Ort versucht, den Schaden zu begrenzen. Aber es hat eben nicht für den WM-Zuschlag gereicht, und dabei war das so genannte Istaf-Fax nicht hilfreich. Es war schädlich, und ich muss sagen, dass mich dieser Vorgang bis heute fassungslos macht.

Wenn Sie so fassungslos sind, warum wollen Sie dann nicht wissen, wer das Fax schrieb?

Ich finde, diesen Sachverhalt sollten die Leichtathletik-Verbände aufklären. Das Istaf ist und bleibt eine private Veranstaltung. Deshalb ist es nicht meine Aufgabe, dortige interne Querelen zu eruieren. Ich schaue nach vorn. Für mich ist wichtig, dass sich das Istaf neu aufgestellt hat, zusammen mit der Berliner Wirtschaft. Das Stadionfest ist wieder gut positioniert. Und dadurch, dass es Golden-League-Meeting bleibt, zählt Berlin auch in Zukunft in der Leichtathletik weltweit zu den ganz Großen.

Über den Tellerrand des Istaf geblickt: Ist Berlin immer noch eine Sportstadt?

Na, das sieht man doch täglich. So eine Sportlandschaft wie in Berlin, mit so vielen erfolgreichen Bundesliga-Mannschaften und solchen herausragenden Ereignissen wie dem Marathon oder den Finalspielen der Volleyball-WM gibt es in Deutschland selten. Deshalb halte ich trotz unserer Konsolidierungspolitik daran fest: Wir sind eine internationale Sportstadt, die sich sehen lassen kann.

In der so genannten Sportstadt Berlin werden Turnhallen geschlossen, und 14 Schwimmbäder müssen dichtmachen. Die Vereine in der Sportstadt Berlin klagen, dass sie nicht mehr trainieren können.

Wir haben in den vergangenen Jahren viele Turnhallen neu eröffnet, und zwar Sportstätten mit modernster Ausstattung. Damit gleichen wir aus, dass wir marode Hallen aufgeben und Bäder, die nicht rentabel sind, schließen. Der Berliner Sport kann sich im Vergleich zu anderen Kommunen nicht beklagen. Der Senat setzt einen Schwerpunkt beim Sport, aber wir können natürlich nicht jeden Wunsch erfüllen.

Und deshalb wurde seit 1993 die Sportförderung um 50 Prozent gekürzt?

Wenn man solche Zahlenspielereien ma chen will, dann muss man sich auch anschauen, was nicht mehr gefördert wird. Und da sage ich ganz deutlich: Wenn das Klubhaus eines Tennisvereins nicht mehr unterstützt wird oder die Segelfluganlage in Brandenburg, dann kann man das hinnehmen. Berlin muss Prioritäten setzen, und deshalb fördern wir die Bundesliga-Mannschaften mit den Lottomitteln nach einheitlichen Kriterien. Aber wir fördern nicht mehr alles.

Dass in Berlin gespart werden muss, dürfte auch dem Letzten klar sein. Es geht mehr um die Diskrepanz zwischen Ihrer Beschreibung der Sportstadt Berlin und der Realität. Zur Realität gehört, dass die Führungsakademie des Sports und das Deutsche Olympische Institut aufgegeben werden und die Zuschüsse für das Institut für Sportmedizin gestrichen wurden.

Die Finanzierung der Villa des Deutschen Olympischen Instituts wurde vom Berliner Sport früher schon selbst kritisiert. Die Zuschüsse für die Führungsakademie hat nicht der Senat gestrichen, sondern das Parlament. Aber deshalb steht der Berliner Sport nicht vor dem Untergang. Auch nicht, wenn wir das Landesinstitut für Sportmedizin privatisieren. Ich habe den Eindruck, der Landessportbund lässt sich mit seiner öffentlichen Kritik auch von Lobbyinteressen leiten.

Welche Bereiche würden Sie auch bei den nächsten Sparrunden nicht antasten?

Zum Kern des Sports gehört die Unterstützung von Bundesliga-Vereinen, abgesehen von Hertha natürlich. Zudem werden wir uns weiter um Großveranstaltungen bewerben und sie auch ausrichten, wie etwa das Deutsche Turnfest 2005 oder das Finale der Fußball-WM 2006.

Und was tun Sie für den Breitensport?

Wir stellen den Sportvereinen die Sportanlagen kostenlos zur Verfügung.

Das wird auch so bleiben?

Für den Breitensport: Ja.

Das Gespräch führten Frank Bachner und Robert Ide.

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