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Sport: „Wir planen mit 10 000 Fans für die Eisbären“

Die Anschutz-Gruppe baut Berlins neue Arena. Europachef Kornett will sie mit Spielen der NBA und NHL eröffnen

Herr Kornett, was für ein Spielertyp sind Sie?

Ich war mit 1,94 Meter zu klein für Basketball, aber ganz athletisch. Aus der mittleren Distanz hatte ich einen guten Wurf. Von der ersten Liga habe ich aber nie geträumt, schon in der zweiten Liga bei den Neuköllner Sportfreunden wurde für mich die Luft zu dünn.

Als Europachef der Anschutz-Gruppe spielen Sie aber in der ersten Liga?

Im Beruf bin ich entschlossener und wagemutiger, als ich es als Sportler war. Im Beruf spiele ich nicht immer so nach System, sondern springe oft auch ins kalte Wasser.

Mit der Errichtung der Arena namens O2-World haben Sie am Berliner Ostbahnhof ein ehrgeiziges Projekt gestartet. Ist die neue Mehrzweckhalle auch so ein Sprung ins kalte Wasser?

Es gibt zwei Sorten von Firmen. Die erste fragt „warum?“ und die andere „warum nicht?“ Die Anschutz-Gruppe gehört zur zweiten Kategorie. Die Sache mit der Arena war alles andere als einfach. Den Plan hatten wir seit 1999. Es gab aber viele Konflikte, zwischendurch haben wir schon daran gezweifelt. Aber jetzt geht der Bau aufgrund des warmen Winters zügig voran, im Herbst 2008 ist die Halle fertig. Das ging nur, weil wir mit Philip Anschutz im Hintergrund einen Mann haben, dem etwas an Berlin liegt.

Gibt es genügend Veranstaltungen in Berlin für eine bis zu 17 000 Zuschauer fassende Halle?

Das Betreiben einer solchen Arena ist ja kein Neuland für unser Unternehmen. Im Staples-Center, unserer Arena in Los Angeles zum Beispiel, haben wir fünf sogenannte Anker-Mieter. Da haben wir Arena-Football, drei Basketballteams und ein Eishockeyteam.

In Berlin haben Sie mit dem Eishockeyklub EHC Eisbären nur einen festen Mieter, und dieser steckt ein Jahr vor der Halleneröffnung in einer sportlichen Krise. Keine guten Voraussetzungen, oder?

Natürlich haben wir mit den Eisbären hohe Ansprüche. Aber wir haben aus dieser Saison gelernt. Berlin ist ein Markt, auf dem Mittelmaß nicht sonderlich geachtet wird. Doch Erfolg alleine bringt auch nicht die Zuschauer.

Zurzeit spielen die Eisbären vor maximal 5000 Fans in Hohenschönhausen. In die neue Halle passen bei einem Eishockeyspiel aber 14 000 Menschen. Wo sollen die herkommen?

Wir werden versuchen, den Klub noch bekannter und sympathischer zu machen. Es wird viel Werbung geben. Und dann verfolgen wir eine Kümmerstrategie für unser Stammpublikum. In der O2-World wird es 2000 Stehplätze geben auf einer umrüstbaren Tribüne, auf der bei anderen Veranstaltungen Sitzplätze sind. Das ist ein Zugeständnis an die Eisbären-Fans, die in der neuen Halle stehen wollen. Das kostet uns an die zwei Millionen Euro extra.

Mit wie vielen Zuschauern kalkulieren sie denn durchschnittlich in der neuen Arena pro Spiel?

Wir müssen da im fünfstelligen Bereich denken. Also 10 000 und mehr. Es gibt ja schon andere Klubs in der Liga, die das in ihren Großarenen schaffen.

Aber die Kölner Haie oder Adler Mannheim sind in ihren Städten tiefer verwurzelt als der EHC Eisbären, der als Ostklub aus Hohenschönhausen gilt.

Wir sind im Stadtgebiet außerhalb von Hohenschönhausen populärer, als uns das immer angelastet wird: Wir haben eine Theaterkasse in Zehlendorf, das ist die beste Vorverkaufskasse, die wir für die Eisbären haben. Außerdem haben wir in der 02-World ganz andere Möglichkeiten der Kommunikation. Wir haben drei multimediale Werbeflächen außerhalb der Arena auf dem Gelände am Ostbahnhof, auf denen man nicht nur die Termine, sondern auch die Faszination des Sports rüberbringen kann. Da haben Sie im Jahr 160 Millionen Blickkontakte.

Alba Berlin ist trotzdem noch nicht begeistert. Obwohl Sie mit dem Basketballklub bereits verhandelt haben, sehen dort die Verantwortlichen noch nicht die Notwendigkeit eines Umzugs aus der Max-Schmeling-Halle. Was spräche denn aus Ihrer Sicht für einen Umzug Albas?

Wenn Sie in die Max-Schmeling-Halle gehen, haben Sie sich vorher schon für Basketball entschieden. In die O2-World wird der Besucher kommen, um etwas zu erleben. Das geht bei unseren VIP-Logen los und hört bei den 80 Restaurants und Geschäftsständen auf. Das Niveau des Angebots ist ein anderes – auch für die Sportler. Die Umkleidekabinen, Regenerations- und Fitnessräume entsprechen dem Standard nordamerikanischer Profiligen.

Aber Alba kann in Ihrer Halle nicht trainieren wie jetzt in der Max-Schmeling-Halle.

Nein, aber das können die Los Angeles Lakers, unser Basketball-Team in der Profiliga NBA, im Staples-Center auch nicht. Wenn Alba sich entwickeln will und europäisch einen neuen Standard setzen will, kann Alba das bei uns in der Halle tun.

Gibt es die Überlegung, sich bei Alba einzukaufen, so wie Sie das bei den Eisbären gemacht haben?

Wir müssen Alba nicht kaufen, um unsere Halle auszulasten. Wir wollen zunächst etwa 100 Veranstaltungen im Jahr haben, das ist realistisch. Hamburg hat zum Beispiel in der Color-Line-Arena im vergangenen Jahr 125 Termine vergeben.

Dort spielen zwei Klubs, ein Eishockeyteam und eine Handball-Mannschaft ...

Handball wäre für uns auch eine Möglichkeit. Die Füchse Berlin haben sich ja auf den Weg gemacht, wir beobachten das. Der Aufstieg ist sicher nicht das Problem, aber finanziell die Bundesliga stemmen zu können, wird die Herausforderung für die Füchse. Das wird ein weiter Weg. Wir werden die Halle kaum mit einem Handballspiel eröffnen.

Sondern?

Da sind die nordamerikanischen Profiligen NHL und NBA für uns ein Thema. Wir wollen eine Art Eröffnungswoche in der Halle machen, neben Sport natürlich auch Konzerte und Shows zeigen. Im Millennium Dome in London, der Anschutz auch gehört, gibt es ja schon in diesem September zwei Punktspiele der Eishockey-Profiliga NHL. So etwas wäre auch in Berlin möglich.

Andere deutsche Großarenen haben Ihnen schon einiges weggenommen. Die Final- Four-Pokalturniere im Basketball und im Handball finden auf Jahre in Hamburg statt, und die Eishockey-WM 2010 wird auch nicht in Berlin stattfinden.

Die Eishockey-WM wurde vergeben, als unsere Halle noch in der Planung war. Wegen des Final-Four im Basketball haben wir verhandelt, es ist allerdings nichts daraus geworden. Aber wir haben auch eine andere Situation. Hamburg muss nach Konzerten suchen, die Anschutz-Gruppe hat Künstler wie Beyoncé, Justin Timberlake, Andrea Bocelli, Bon Jovi oder Rod Stewart unter Vertrag. Die werden bei uns spielen. Dann wird es weitere Sportevents geben von Boxen bis Reitsport.

Und das reicht Ihnen, oder?

Natürlich machen wir das mit der Halle, um Gewinn zu machen. Aber diese Halle soll sich zu einem wichtigen Baustein für Berlin entwickeln. Darum würde ich mich freuen, wenn die eine oder andere Stelle ihre Partikularinteressen im Sinne Berlins hinten anstellen würde.

Wen meinen Sie?

Zum Beispiel Alba. Anstatt zu gucken, ob ich siebenmal pro Woche in einer Halle trainieren kann, wäre es doch interessant zu sehen, ob das in der großen Halle auch funktioniert. Das fände ich gut. Aber mancher wird noch umdenken, wenn die O2-World fertig ist.

Warum?

Weil spätestens dann alle sehen werden, wie schön die Halle ist.

Das Gespräch führten Claus Vetter und Benedikt Voigt.

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