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Sport: „Wir sind sensibilisiert“

Der Berliner Schiedsrichter Norman Herzberg zeigte in der Oberliga nach einer rassistischen Beleidigung die Rote Karte

Nachdem Rassismus auf dem Fußballplatz oft ignoriert wurde und sich Verbände erst zögernd damit befasst haben, hat der Berliner Schiedsrichter Norman Herzberg gleich an Ort und Stelle gehandelt. Wie jetzt bekannt wurde, zeigte er Mitte Oktober einem Eberswalder Spieler im Oberliga-Spiel gegen Torgelow wegen einer rassistischen Beleidigung die Rote Karte. Der Spieler wurde danach vom Sportgericht des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes für zwei Spiele gesperrt.

Herr Herzberg, was haben Sie bestraft? Der Spieler soll einen türkischen Gegner als „Kanake“ beschimpft haben.

Das Wort möchte ich nicht bestätigen. Als der Spieler umringt von anderen dastand, fiel jedenfalls eine Äußerung, auf die ich reagieren musste.

War es Ihr erster Platzverweis, den Sie aufgrund einer rassistischen Beleidigung ausgesprochen haben?

Ja.

Sind Sie inzwischen besonders darauf vorbereitet, solche Vorkommnisse zu ahnden?

Es gab ja gerade in jüngster Zeit einige Vorfälle, wie die Attacken gegen Adebowale Ogungbure von Sachsen Leipzig. Wir sind auch noch mal vom Vorsitzenden des Berliner Schiedsrichterausschusses sensibilisiert worden.

Was heißt denn sensibilisiert?

Wir wurden noch mal darauf hingewiesen, dass wir besonders auf rassistische Äußerungen achten und entsprechend darauf reagieren sollen.

Waren Sie denn vorher nicht darauf eingestellt, Rassismus zu bestrafen?

Doch natürlich. Das Problem gibt es ja schon lange. Es ist etwa so, wie wenn die Bundesregierung eine Kampagne gegen Aids startet. Aids ist schon lange eine Bedrohung, aber mit einer Kampagne kann man das Thema noch mal in den Fokus der Öffentlichkeit bringen.

Gegenseitige Beleidigungen gehören inzwischen schon zu den Umgangsformen auf dem Fußballplatz. Manche Schiedsrichter hören sogar einfach weg. Welche Beleidigungen bestrafen Sie denn?

Das ist situationsabhängig. Bei Rassismus muss man genauso handeln, wie wenn ein Mensch mit Behinderung beleidigt wird. Wenn aber ein Spieler einen anderen Arschloch nennt, dann hat er damit noch lange nicht sein Aussehen beleidigt.

Wie war denn die Reaktion des Spielers, den sie vom Platz gestellt haben?

Als wir nach dem Spiel noch etwas gegessen haben, kam er zu uns an den Tisch, hat sich entschuldigt und gesagt, dass es ihm leidtue. Er hätte auch Türken in seinem Freundeskreis, mit denen er Fußball spiele. Das war auch nicht der typische Proletarier mit Tätowierung, sondern ein gescheiter Junge. Wir haben uns gut unterhalten. Kanake ist ohnehin so drin im Sprachgebrauch, dass er es vielleicht gar nicht rassistisch gemeint hat. Aber es ist nun einmal passiert und das auch noch in einer Traube von Spielern.

Die Fragen stellte Friedhard Teuffel.

Norman Herzberg, 27, ist seit zehn Jahren Schiedsrichter und pfeift seit fünf Jahren in der Oberliga. Der Student der Betriebswirtschaftslehre gehört Hertha Zehlendorf an.

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