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Sport: Wohin soll das führen?

Hertha BSC hat ein Problem mit den Führungsspielern

Belek. Der Apfelsine geht es nicht gut in der Hand von Dieter Hoeneß. Der Manager von Hertha BSC schaut den Spielern beim Training zu, und bei jedem Torschuss drückt er die Apfelsine zusammen. Es mag daran liegen, dass ihm nicht behagt, was er sieht. Meist landen die Bälle am fünf Meter hohen Zaun. Vielleicht aber liegt es daran, dass ihm das Gesamtbild der Mannschaft nicht gefällt. Hertha ist aus dem Gleichgewicht geraten. Die Gründe dafür liegen auf beiden Seiten.

„Die Stimmung ist nicht zu 100 Prozent intakt“, sagt Hoeneß. Einen Tag zuvor hatte er Dick van Burik öffentlich zur Rede gestellt. Der Abwehrchef hatte in einem „BZ“-Interview „persönliche Befindlichkeiten ausgelebt“, wie Hoeneß fand. „Und dafür haben wir keine Zeit. Die Spieler sollen sich aufs Wesentliche konzentrieren. Schluss und aus.“ Selten hat man den Manager derart dünnhäutig erlebt. Vielleicht liegt es an der Vorgeschichte. Im Oktober 2001 hatte van Burik im Interview mit dem Tagesspiegel vorsichtig auf verbesserungswürdige Zustände bei Hertha hingewiesen. Nach der anschließenden Auseinandersetzung mit Hoeneß hatte er sich dann zurückgezogen und 14 Monate keine Interviews mehr gegeben.

Diese und andere Geschichten kursieren dieser Tage im Kreis der Mannschaft. Gern wird dann der Vereinsführung vorgeworfen, sie lasse keine Führungsspieler aufkommen. Jeder, der seine Nase hervorstreckt und etwas Unbequemes sagt, werde zurechtgestutzt. Als Beispiele werden dann immer wieder die Namen Axel Kruse und Kjetil Rekdal angeführt, die als streitbare Geister galten und Hertha vorzeitig verlassen mussten. Vergessen wird dabei genauso gern, dass die Mannschaft nach derart unpopulären Maßnahmen ihre größten Erfolge hatte.

An van Buriks Integrität zweifelt bei Hertha niemand. In seinen fünfeinhalb Jahren bei Hertha hat er sich bei seinen Kollegen hohes Ansehen erarbeitet. Andererseits muss er sich fragen lassen, warum er 14 Monate lang geschwiegen hat. Warum hat er das sensible Thema der Vertragsgespräche in die Öffentlichkeit getragen? Van Burik würde gern in Berlin bleiben, „aber mein Gefühl sagt mir jetzt, dass ich zu 95 Prozent hier weg bin“.

Ähnlich verhält es sich mit Stefan Beinlich. Auch er galt bisher als zentrale Figur im Gebilde Hertha BSC, auch er kämpft um eine Vertragsverlängerung. Ein Gespräch mit Journalisten lehnt er ab: „Ich gebe keine Interviews. Ich habe mich auf meine sportliche Leistung zu konzentrieren.“ Zu seiner Geschichte gehört, dass er kurz vor Weihnachten zweimal bei Hoeneß antreten musste, weil er angeblich Kritik an der Arbeit von Trainer Huub Stevens geübt hatte. Über diese Gespräche sagt Hoeneß: „Beinlich hat erkannt, dass er sich darauf zu konzentrieren hat, was auf dem Platz passiert.“

Doch was auf dem Platz passiert, hängt ganz wesentlich von äußeren Faktoren ab. Der Mannschaft fehlt es an einer klaren Hierarchie. Die Spieler wirken verunsichert, eingeschüchtert und zum großen Teil auch unzufrieden. Kritiker monieren, es mangele beiden Seiten, Vereinsführung und Mannschaft, zurzeit an Gelassenheit. Viel zu selten finde ein kritischer Gedankenaustausch statt. „So bleiben links und rechts Meinungen liegen“, sagt ein Spieler. „Hier denkt doch jeder: Bleib mal schön ruhig. Es könnte Folgen haben.“ Die Stimmung ist schon deshalb angespannt, da Verträge von 14 Spielern im Sommer auslaufen. Einige Spieler haben signalisiert bekommen, dass Hertha weiter auf sie setze, andere warten auf ein Zeichen.

„Veränderungen verlaufen nicht geräuschlos. Sie bringen Unruhe“, sagt Hoeneß, als er den Trainingsplatz verlässt. Von der malträtierten Apfelsine ist nur noch ein Häuflein orangener Schalen übrig geblieben.

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